Neues Veranstaltungsformat für VCI-Mitglieder: Der „Puls/Check“

Weil fordert bessere Industriepolitik

06. Februar 2024 | Bericht

Zu Gast beim Auftakt: Stephan Weil. Im Visier: eine industriepolitische Kurskorrektur.

Hochrangigen Gästen aus der Politik den Puls fühlen und umgekehrt der Politik Einblicke in die Unternehmensrealität gewähren: Das ist das Ziel der VCI-Gesprächsreihe „PulsCheck“ (im Bild von links: VCI-Hauptgeschäftsführer Wolfgang Große Entrup und der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil). © VCI
Hochrangigen Gästen aus der Politik den Puls fühlen und umgekehrt der Politik Einblicke in die Unternehmensrealität gewähren: Das ist das Ziel der VCI-Gesprächsreihe „PulsCheck“ (im Bild von links: VCI-Hauptgeschäftsführer Wolfgang Große Entrup und der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil). © VCI

Der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil war zu Gast beim Auftakt des „PulsCheck“. Im Gespräch mit VCI-Hauptgeschäftsführer Wolfgang Große Entrup sprach er sich für Maßnahmen zur Entlastung der Industrie aus. Die teilnehmenden Vertreter:innen aus Chemie- und Pharmaunternehmen brachten ihre Sorge um den Standort Deutschland zum Ausdruck.

Der exklusive Austausch mit dem Ministerpräsidenten adressierte eine große Bandbreite an wichtigen Themen für die Branche: die erdrückenden Energiepreise, die überbordende Bürokratie und die Regulierungsflut auf EU-Ebene.

Senkung der Energiepreise weiterhin im Fokus

Gleich zu Beginn des Gesprächs sprach Große Entrup die schwierige wirtschaftliche Lage in Deutschland an. Weil machte Standortfaktoren als Ursache aus: „Wir haben mehrere strukturelle Probleme in Deutschland. Worum es jetzt geht, ist, diese Baustellen systematisch anzugehen.“ Als Hauptproblem identifizierte Weil die Energiepreise, die die Wettbewerbsfähigkeit „hart in Mitleidenschaft“ zögen und versicherte der Branche auch weiterhin seine Unterstützung in dieser Angelegenheit zu. In diesem Sinne kritisierte er auch die Entscheidung des Bundes zur Streichung der Zuschüsse zu den Netznutzungsentgelten.

Grundsätzlich forderte er vor dem Hintergrund der großen Bedeutung der Industrie für Wertschöpfung und Wohlstand „eine echte Kurskorrektur in Sachen Industriepolitik“. Für die Finanzierung eines Brückenstrompreises als Zukunftsinvestition und Übergangslösung brachte Weil eine Reform der Schuldenbremse ins Spiel, zu der sich seiner Ansicht nach nun auch die Industrie positionieren sollte. Erst Ende Januar 2024 hatte der Sachverständigenrat Wirtschaft der Bundesregierung eine Flexibilisierung der Schuldenbremse empfohlen, um die fiskalischen Spielräume für zukunftsgerichtete Ausgaben zu vergrößern.

Bürokratieabbau und Deregulierung als Sofortlösungen

Diesen Ball spielte Große Entrup mit Verweis auf vorhandene Einsparpotenziale in der Verwaltung durch Digitalisierung und Entbürokratisierung zurück und traf damit den Nerv der Teilnehmer:innen, die bei dem Thema nachbohrten. Weil zeigte Verständnis für die Verärgerung und verwies darauf, dass schon Vieles in Gang gesetzt wurde, es sich aber um langwierige Prozesse handele. Mit Henrik Follmann, Geschäftsführer des Unternehmens Follmann GmbH & Co. KG und Mitglied des VCI-Präsidiums, meldete sich auch ein Vertreter des Chemie-Mittelstandes zu Wort: Er sieht vor dem Hintergrund der Überbürokratisierung und Regulierungsflut keine Möglichkeiten mehr für Investitionen und adressierte auch ganz explizit das geplante EU-Lieferkettengesetz.

Weil räumte für Deutschland ein „wirklich überreguliertes System“ ein und verwies auf den Durchbruch des Bund-Länder Paktes zur Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren, auf dessen Basis nun hunderte Bundesgesetze geändert würden. Mit Blick auf das EU-Lieferkettengesetz sprach er sich klar für eine Neujustierung aus. Zunächst einmal gälte es, die Umsetzung der jüngsten deutschen Vorgaben zu beobachten. Grundsätzlich lege er beim Thema Deregulierung auf EU-Ebene seine Hoffnungen in die Hände einer neuen EU-Kommission. Große Entrup bekräftigte, dass hier ein Kurswechsel dringend nötig sei: „Nur ein wirtschaftlich starkes Europa ist ein politisch starkes Europa. Daran muss die nächste Kommission arbeiten“.

Gesamtgesellschaftliche Themen zum Abschluss

Zum Schluss kam Große Entrup noch auf das Erstarken der AfD und den damit verbundenen sozialen Sprengstoff zu sprechen. Hier sehe er die Bundesregierung in der Pflicht, bessere Ergebnisse zu liefern, um der Partei den Nährboden zu entziehen. Weil forderte in diesem Zusammenhang eine klare Positionierung der Wirtschaft. Auf Nachfrage von Große Entrup entgegnete er, dass er aufgrund seines Alters auch in dieser Lage nicht für eine weitere Amtszeit zur Verfügung stehe.

Was ist der „PulsCheck“?

Der „PulsCheck“ ist ein neues, digitales und exklusives Veranstaltungsformat für die Mitgliedsunternehmen des VCI. Ziel ist es, hochrangigen Gästen im Gespräch den Puls zu fühlen und der Politik Einblicke in die Unternehmensrealität zu gewähren. Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger müssen aus nächster Nähe erfahren, was die Unternehmen bewegt und was sie brauchen. Deshalb können sich die Teilnehmer:innen mit ihren Fragen direkt einbringen.

Das war die Auftaktveranstaltung

Hier kann die erste Ausgabe des „PulsCheck“ nachgeschaut werden (YouTube-Video mit einer Dauer von rund 48 Minuten):

© VCI

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