Highlights der ACHEMA 2022

Die chemische Prozessindustrie „rockte“

01. September 2022 | Bericht

Ende August 2022 zeigte die chemische Verfahrenstechnik Flagge – und der VCI mischte mit.

VCI-Hauptgeschäftsführer Wolfgang Große Entrup anlässlich der Eröffnung der ACHEMA 2022: „Wir lassen uns nicht vom Weg der Transformation abbringen, den wir bereits vor Jahren begonnen haben.“ © DECHEMA e.V. / Hannibal
VCI-Hauptgeschäftsführer Wolfgang Große Entrup anlässlich der Eröffnung der ACHEMA 2022: „Wir lassen uns nicht vom Weg der Transformation abbringen, den wir bereits vor Jahren begonnen haben.“ © DECHEMA e.V. / Hannibal

#Back2Live

„Back to live“ – das Motto ebenso wie die Besucherströme zeigten die Freude über die erste „echte“ Messe nach vier Jahren Abstinenz vom persönlichen Austausch und von anfassbaren Exponaten: Bei der ACHEMA 2022, der Weltleitmesse der Prozessindustrie, zeigten über 2.200 Aussteller aus mehr als 50 Ländern vom 22. bis 26. August auf dem Frankfurter Messegelände die neueste Ausrüstung und innovative Verfahren für die Chemie-, Pharma- und Lebensmittelindustrie. Abgedeckt wurde die gesamte Bandbreite chemischer Prozesstechnik und Biotechnologie.

Und die Resonanz war groß: Über 70.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus 127 Nationen besuchten die Messe. Etwa jeder/jede Zweite davon (über 46 Prozent) kam aus dem Ausland.

Die Besucher der ACHEMA 2022 freuten sich, wieder an Veranstaltungen vor Ort teilzunehmen.
Die Besucher der ACHEMA 2022 freuten sich, wieder an Veranstaltungen vor Ort teilzunehmen. © DECHEMA e.V. / Pietro Sutera

Die drei Fokusthemen der diesjährigen ACHEMA waren das digitale Labor, Produkt- und Prozesssicherheit sowie modulare und vernetzte Produktion, die sich sowohl in der Ausstellung als auch im Kongressprogramm wiederfanden.

Sehr gut angenommen wurde die vollständige Integration des ACHEMA-Kongresses in die Ausstellung. Im Kongressprogramm stießen vor allem die Wasserstoffthemen sowie Vorträge zu Nachhaltigkeit, Kreislaufwirtschaft und Digitalisierung auf besonders großes Interesse.

Branche treibt Transformation unvermindert voran

Bei der Eröffnungspressekonferenz standen vor dem Hintergrund der derzeitigen politischen Weltlage vor allem die Themen Nachhaltigkeit, internationale Zusammenarbeit und Innovationen im Mittelpunkt. VCI-Hauptgeschäftsführer Wolfgang Große Entrup, Jürgen Nowicki, Vorsitzender des ACHEMA-Ausschusses und Klaus Schäfer, Vorsitzender der DECHEMA, betonten deren Bedeutung für das Erreichen der Klimaziele und die Bewältigung von Herausforderungen wie Versorgungssicherheit und stabile Lieferketten.

VCI-Hauptgeschäftsführer Wolfgang Große Entrup betonte, dass die Unternehmen trotz kräftig steigender Produktionskosten und sinkender Verkaufsmengen an ihren Zielen festhielten. „Wir lassen uns nicht vom Weg der Transformation abbringen, den wir bereits vor Jahren begonnen haben. Klimaschutz, Ressourcenschonung, Kreislaufwirtschaft sind Mega-Aufgaben. Und wir gehen sie an.“ Große Entrup warnte jedoch davor, dass die EU-Kommission kaum noch leistbare Anforderungen an die Unternehmen stelle. „Unsere Branche will und muss Transformation und Wettbewerbsfähigkeit in Einklang bringen. Es hilft niemandem und schon gar nicht dem Klima, wenn unsere Unternehmen wegen monströser Auflagen aus der EU flüchten und ihre Produktion in Länder mit 08/15-Standards verlagern.“ Die Voraussetzung dafür, beim Klimaschutz weiterzukommen, sei in jedem Fall mehr Tempo statt mehr Auflagen.

Das vollständige Statement von Wolfgang Große Entrup finden Sie im Download-Bereich unten auf dieser Seite.

Effiziente Standortinfrastruktur in deutschen Chemieparks

Unter dem Motto „Produce in Germany‘s Chemical Parks – Make it in Germany“ warben führende Chemieparks aus Deutschland bereits zum sechsten Mal auf der ACHEMA um Investoren aus dem Ausland und präsentierten die Vorteile des deutschen Chemieparkkonzepts.

Den Gemeinschaftsstand bildete die Fachvereinigung Chemieparks im VCI zusammen mit den Betreibern von Chemieparks: BASF, Currenta, Infrareal Marburg, InfraServ Gendorf, Infraserv Höchst, InfraServ Wiesbaden und Yncoris Knapsack. Unterstützt wurden die Industrievertreter durch regionale Initiativen wie CeChemNet, ChemCologne und Region Deltaland sowie Germany Trade & Invest (GTAI), die Außenwirtschaftsagentur der Bundesrepublik Deutschland.

Ein Interview mit Jürgen Vormann, dem Vorsitzenden der Fachvereinigung Chemieparks im VCI, zur Frage der Dekarbonisierung von Chemieparks sehen Sie hier bei prozesstechnikTV .

Kreislaufwirtschaft und „Circular Plastics“

Ebenfalls am Eröffnungstag war der VCI Partner bei der Veranstaltung „2nd Sustainability Session – Circular Plastics“, die das JungChemikerForum der Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh) organisiert hatte. In einer zweistündigen Session haben verschiedene Referierende das Potenzial von „Kunststoffen als Ressourcen“ aus ihrer Sicht bewertet und ihre Bedeutung für die Zukunft der Prozessindustrie in den Kontext aktueller Entwicklungen gestellt. Mit dabei waren die Unternehmen Covestro zum Thema „Circular Economy as key enabler for resource protection and climate neutrality“ sowie BASF mit der Vorstellung der „Alliance to End Plastic Waste“ .

Der VCI war Partner bei der Veranstaltung „2nd Sustainability Session – Circular Plastics“ des JungChemikerForums der GDCh.
Der VCI war Partner bei der Veranstaltung „2nd Sustainability Session – Circular Plastics“ des JungChemikerForums der GDCh. © GDCh

Die Vereinigung Chemie und Wirtschaft (VCW) der GDCh hatte außerdem zum Tagessymposium „Circular economy in plastics: the role of European diversity” eingeladen. Hier brachte sich auch der VCI in eine Podiumsdiskussion ein.

Inhaltlich ging es um innovative Lösungsansätze für ein verstärktes Recycling von Kunststoffen – inklusive des chemischen Recyclings – und die dafür notwendigen Rahmenbedingungen. Beleuchtet wurde auch die Thematik „Standards und Normen“; BASF und Borealis erläuterten Recyclingoptionen und -technologien ganz konkret am Beispiel ihrer Unternehmen.

Der Podiumsdiskussion direkt vorgeschaltet war ein Vortrag von Jutta Paulus (MdEP). Sie erläuterte die Notwendigkeit einer stark eingreifenden und regulatorischen Politik der EU im Rahmen des Green Deals, um das Ziel einer möglichst vollständigen Kreislaufführung von Kunststoffen zu erreichen. Im Kern offenbarte sie ein gewisses Misstrauen in die Lösungskompetenz und Innovationskraft von Märkten. Sie stellte Unternehmer eher als Gewinnoptimierer und Bürger als eher inkompetent dar, die Nachhaltigkeit ihrer Kaufentscheidungen beurteilen zu können. Demgegenüber wurden die negativen Auswirkungen der Regulierungen auf Innovationen, Investitionen und Wettbewerbsfähigkeit größtenteils ausgeblendet.

Bei der Podiumsdiskussion hat VCI-Chefvolkswirt Henrik Meincke dem Auditorium aus rund 80 Teilnehmerinnen und Teilnehmern deutlich gemacht, dass die Chemiebranche ihre Unternehmensstrategien schon längst an den Zielen der Nachhaltigkeit ausrichtet. Und sich vorgenommen hat, möglichst rasch treibhausgasneutral zu produzieren und Kohlenstoffkreisläufe vollständig zu schließen. Das gelingt aber nur, wenn die Rahmenbedingungen für Innovationen und Investitionen in Europa stimmen. Dass dies aktuell nicht der Fall ist und durch die kleinteiligen Regulierungen im Rahmen des Green Deals noch schlechter wird, wurde in der Diskussion mit dem Plenum sehr deutlich. Lange Genehmigungsverfahren und eine zunehmende Zahl von europäischen und nationalen Regelungen erschweren Innovationen und Investitionen.

Chemie 4.0 Realität werden lassen

Mit von der Partie war der VCI auch beim Komplex Digitalisierung und Industrie 4.0. Mit einem einführenden Vortrag von Christian Bünger, der das Thema beim VCI federführend betreut, startete das Side-Event „CDO-Talk: Making Chemistry 4.0 a Reality” auf der SIEMENS Digital Innovation Stage. Der Titel: „Chemistry 4.0 – Disruption or a step change approach in the transformational age?” Die Präsentation dazu finden Sie im Download-Bereich unten auf dieser Seite.

Christian Bünger vom VCI eröffnete die Veranstaltung „CDO-Talk: Making Chemistry 4.0 a Reality”.
Christian Bünger vom VCI eröffnete die Veranstaltung „CDO-Talk: Making Chemistry 4.0 a Reality”. © DECHEMA e.V. / Pietro Sutera

Praxisbeispiele kamen von BASF und INEOS Styrolutions. Das SCOTT-Projekt von BASF hatte beim Responsible-Care-Wettbewerb im vergangenen Jahr den Digitalisierungspreis gewonnen (nähere Infos hier ).

An der Podiumsdiskussion nahm auch Henrik Hahn teil. Er ist Vorsitzender des VCI-Arbeitskreises Digitalisierung und Chief Digital Officer bei Evonik Industries. Seine Ausführungen und die Diskussion zeigten im Kern: Die chemisch-pharmazeutische Industrie hat in der vergangenen Dekade große und kontinuierliche Anstrengungen unternommen, um bei der Digitalisierung von Geschäfts- und Produktionsprozessen voranzukommen. Nach der Konzeptphase zu Beginn ist die Branche nun schon lange und mit Volldampf mitten in der Umsetzung und schreitet gut dabei voran. Doch der Weg ist noch lang, und die aktuellen politischen Geschehnisse machen ihn nicht leichter. Es gilt jetzt, das Momentum zu halten, auch wenn aktuell für viele Unternehmen die Bewältigung der Krise im Vordergrund steht.

Henrik Hahn, Vorsitzender des VCI-Arbeitskreises Digitalisierung und Chief Digital Officer bei Evonik Industries, bei der Podiumsdiskussion.
Henrik Hahn, Vorsitzender des VCI-Arbeitskreises Digitalisierung und Chief Digital Officer bei Evonik Industries, bei der Podiumsdiskussion. © DECHEMA e.V. / Pietro Sutera

Ganz klar ist: Die Digitalisierung mit all ihren Schnittstellen macht es überhaupt erst möglich, die Herausforderungen, die Kreislaufwirtschaft und Klimaschutz bereithalten, zu bewältigen. Und an diesen Zielen arbeitet die Branche weiterhin unverdrossen, denn: „Wir lassen uns nicht vom Weg der Transformation abbringen, den wir bereits vor Jahren begonnen haben.“ (Wolfgang Große Entrup).

Die nächste ACHEMA findet vom 10. bis 14. Juni 2024 in Frankfurt statt.

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