Arbeitnehmererfindungsgesetz

Patentverwertung bei Kooperationen von Wirtschaft und Wissenschaft

15. März 2007 |

Langfassung zu diesem Dokument

Der Verband der Chemischen Industrie (VCI) und die Deutsche Industrievereinigung Biotechnologie (DIB) wollen mit diesem Positionspapier dazu beitragen, dass die bewährte, auf Interessensausgleich bedachte Zusammenarbeit von Chemie- und Pharmaunternehmen mit der Wissenschaft auf Basis der neuen Rechtslage weiterhin möglichst reibungsfrei fortgesetzt werden kann.

Die Patentverwertung an Hochschulen wurde durch die Novelle des § 42 Arbeitnehmererfindungsgesetz (ArbEG) vom 18. Januar 2002 neu konzipiert.

1. Kooperationstypen

Generell ist die Unterscheidung einer Reihe von Kooperationstypen sinnvoll. Dabei sollte unterschieden werden zwischen:

  • „Forschungsaufträgen“ mit einem konkret definierten Forschungsthema und -ziel
  • „Forschungskooperationen“ mit einem breit formulierten Forschungsthema und -ziel; die Zielerreichung ist unsicher
  • Öffentlich geförderte Verbundprojekte (BMBF, EU etc.), bei denen Sonderregeln gelten
  • „Beraterverträge“ mit einzelnen Wissenschaftlern

Hinzu kommen „Eigenerfindungen“ der Wissenschaft außerhalb von Kooperationen mit der Wirtschaft.


2. Patentanmeldungen

Von größter Bedeutung ist die handwerkliche Qualität der Patente. Die Patentanmeldung sollte somit dort erstellt werden, wo das größte Know-how vorhanden ist.

Die Patentanmeldung sollte in der Regel durch das Unternehmen erfolgen, da das Unter-nehmen ein hohes Interesse an der Rechtssicherheit des Patentes hat, den Markt und das technologische Umfeld besser kennt und üblicherweise über mehr Expertise bei der Patentanmeldung verfügt.

Bei Patentanmeldungen durch die Wissenschaftsseite kann eine Mitformulierung durch das Unternehmen sinnvoll sein, um die optimale Absicherung der Erfindung zu gewähräleisten.

Es empfiehlt sich deshalb, hinsichtlich der Patentanmeldung wie folgt zu verfahren:

  • Bei Forschungsaufträgen meldet das Unternehmen die Patente an.
  • Bei Forschungskooperationen erfolgt eine gemeinsame prioritätsbegründende Anmel-dung von Unternehmen und Wissenschaftseinrichtung im Inland und danach Folge-anmeldungen durch das Unternehmen im Ausland.
  • Bei Eigenerfindungen meldet die Wissenschaftseinrichtung das Patent an.

Auch bei Eigenerfindungen der Wissenschaft kann eine Patent-Inhaberschaft des Unternehmens (durch Anmeldung im eigenen Namen oder Schutzrechtsübertragung von der erstanmeldenden Wissenschaftseinrichtung) sinnvoll sein, wenn z. B. Unterlizenzen an Dritte vergeben oder das Patent auf Dritte übertragen werden sollen
(u. a. bei Überkreuz-Lizenzen, Umstrukturierungen und M&A).


3. Vergütung

Üblicherweise wird das Unternehmen folgende Zahlungen an die Wissenschaftseinrichtung leisten:

  • inkrementelle Kosten des Projekts
  • Overheadkosten (z. B. als prozentualer Zuschlag auf die inkrementellen Kosten)
  • Kosten zur Patenterlangung/-aufrechterhaltung (falls das Patent von der Wissen-schaftseinrichtung angemeldet wurde)
  • zudem eine am wirtschaftlichen Erfolg orientierte Vergütung bzw. eine Pauschalvergütung. Aus diesen Erträgen muss die Wissenschaftseinrichtung die Erfindervergütung ihrer Wissenschaftler bezahlen. Die Vergütung ist im Einzelfall festzulegen, und zwar bei Beginn der Zusammenarbeit.

Eine Vergütung von background-know-how erfolgt nicht.

Entscheidend für das Unternehmen ist immer der „bottom line“-Preis der Zusammenarbeit. Dieser Preis wird verglichen mit den Kosten einer unternehmensinternen Forschung und den Kosten eines Forschungsauftrags an andere Unternehmen.

4. Vertragsbausteine

Allgemein anerkannte Vertragsbausteine für Forschungsaufträge und Forschungs-kooperationen wie die „Berliner Vertragsbausteine“ sind sinnvoll. Sie müssen aber an den Einzelfall angepasst werden.


5. Lizenzen

Chemie-/Pharmaunternehmen brauchen in der Regel Exklusivität. Einfache Lizenzen reichen aufgrund der hohen Investitionsvolumina und der chemie-/pharma-spezifischen Marktstrukturen und Produktlebenszyklen meist nicht aus.


6. Patentverwertungsagenturen

Patentverwertungsagenturen (PVAs) müssen einen volkswirtschaftlichen Mehrwert schaffen!

Kernaufgabe der PVAs sollte die Patentanmeldung und -verwertung von Eigenerfindungen der Wissenschaft sein. Einen Kontrahierungszwang der Unternehmen mit den PVAs bei Forschungsaufträgen und Forschungskooperationen lehnen VCI und DIB ab. Sie sehen hier die Hochschulen als ihren primären Verhandlungspartner.

Zur Schaffung von volkswirtschaftlichem Mehrwert benötigen die PVAs:

  • fachliche Kompetenz: technologisch, patentrechtlich
  • Ressourcen für „patent mining“ in der Hochschule
  • gute Marktkenntnis
  • gute persönliche Kontakte in die Industrie
  • kritische Masse: fachliche und regionale Bündelung

7. Beraterverträge

Nach der Novelle des § 42 ArbEG ist eine „private“ Patentverwertung im Rahmen von Beraterverträgen nicht mehr möglich.

Die zukünftige Funktion von Beraterverträgen liegt in der Unterstützung des Unterneh¬mens bei der Implementierung, Weiterentwicklung und Verteidigung der patentgeschützten Erfindung, gutachterlicher Tätigkeit, der Vermittlung von wissenschaftlichen Mitarbeitern sowie allgemein der Beratung des Unternehmens.