Preisbremsen für Gas, Wärme und Strom

Hohe Hürden, viel Bürokratie

20. Dezember 2022 | Bericht

Unter welchen Bedingungen können Unternehmen die Energiepreisbremsen in Anspruch nehmen?

Am 15.12.2022 hatten die Abgeordneten des Deutschen Bundestags namentlich über die Energiepreisbremsen abgestimmt, die nun mit Jahresbeginn 2023 in Kraft treten. Ihre Entlastungwirkung ist erheblich beschränkt, die Umsetzung für die Unternehmen hochkomplex. © picture alliance/dpa
Am 15.12.2022 hatten die Abgeordneten des Deutschen Bundestags namentlich über die Energiepreisbremsen abgestimmt, die nun mit Jahresbeginn 2023 in Kraft treten. Ihre Entlastungwirkung ist erheblich beschränkt, die Umsetzung für die Unternehmen hochkomplex. © picture alliance/dpa

Die von der Bundesregierung auf den Weg gebrachten Preisbremsen für Gas, Wärme und Strom treten wie geplant am 1. Januar 2023 in Kraft. Die Regelungen wurden am 15. und 16. Dezember 2022 von Bundestag und Bundesrat verabschiedet. Vom Vorschlag der Expertenkommission Gas und Wärme ist leider extrem wenig übrig geblieben. Die Hürden für die Inanspruchnahme sind für die Unternehmen der chemisch-pharmazeutischen Industrie teilweise sehr hoch. Lesen Sie hier einen Überblick, welche Voraussetzungen erfüllt werden müssen.

Eingeschränkte Entlastungswirkung durch EU-Krisenbeihilferahmen

Vom ursprünglichen Vorschlag der Expertenkommission Gas und Wärme vom Oktober 2022 ist in der Umsetzung nicht viel übrig geblieben. Grund dafür ist der befristete Krisenbeihilferahmen der EU, das Temporary Crisis Framework (TCF), das in den Gesetzen berücksichtigt ist und Vorgaben zu Förderhöchstgrenzen und weiteren Entlastungskriterien macht. Während die Gaskommission ein einfaches und breit zugängliches Entlastungsmodell vorgeschlagen hat, um wichtige Lieferketten aufrecht zu erhalten, zielt das TCF in erster Linie auf die Verhinderung von Insolvenzen ab.

Durch die Vorgaben des TCF wird die Entlastungswirkung der Preisbremsen deutlich beschränkt – vor allem für energieintensive Verbraucher am Anfang der Produktionsketten. Hinzu kommt in der Umsetzung ein hoher Bürokratieaufwand und zusätzliche Unsicherheit hinsichtlich der Einhaltung der Förderkriterien.

Aufbau der Preisbremsen

Der Entlastungsbetrag der verschiedenen Bremsen ergibt sich aus der Differenz aus dem Preis im Förderzeitraum und dem Referenzpreis und gilt für ein Entlastungskontingent von 70 Prozent des Verbrauchs im Jahr 2021. Er wird monatlich ausgezahlt. Die Entlastung wird in der Regel über die Energielieferanten abgewickelt. Im Gasbereich liegt der Referenzpreis für industrielle Kunden bei 70 Euro pro Megawattstunde. Für aus Erdgas generierte Wärme in Form von Dampf wird ein Preis von 90 Euro pro Megawattstunde angesetzt, für Strom 130 Euro pro Megawattstunde. Die Referenzpreise sind jeweils ohne staatlich induzierte Preisbestandteile wie Umlagen und Netzentgelte zu sehen.

Hierbei ist jedoch dringend zu beachten, dass die Entlastungsbeträge auf Unternehmens- beziehungsweise Konzernebene durch absolute und relative Höchstgrenzen gedeckelt sind, die sich aus dem TCF ergeben. Die Entlastungen der verschiedenen Energieträger fallen dabei kombiniert unter die gleiche Höchstgrenze. Damit wird in vielen Fällen kein einheitlicher Zielpreis mehr für das Entlastungskontingent erreicht, sondern es wird lediglich ein Teil der individuellen Mehrkosten für Gas, Dampf und Strom durch Entlastungszahlungen ausgeglichen.

Die Höchstgrenzen betragen für alle Unternehmen 2, 4, 50 oder 100 Millionen Euro und sind jeweils mit verschiedenen Zusatzkriterien verbunden. Energieintensive Unternehmen können bis zu 50 Millionen Euro beziehungsweise bis maximal 150 Millionen Euro entlastet werden, wenn sie einer besonders betroffenen Branche angehören. Jede darüber hinausgehende Entlastung erfordert eine separate beihilferechtliche Prüfung durch die EU. Entlastet wird jeweils ein Anteil der krisenbedingten Mehrkosten, sofern diese 50 Prozent über den Kosten im Referenzzeitraum liegen.

Um unter die höchsten drei Förderstufen (50, 100, 150 Millionen Euro) zu fallen, müssen Unternehmen zusätzliche Vorgaben bezüglich ihres Gewinns vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) einhalten. So darf die Entlastung nicht dazu führen, dass das EBITDA der entlasteten Letztverbraucher im Förderzeitraum mehr als 70 Prozent des EBITDA im Referenzzeitraum beträgt. Für die 100-Millionen-Stufe muss das EBITDA im Förderzeitraum ohne die Förderung mindestens 30 Prozent unterhalb des EBITDA im Referenzzeitraum liegen. Für die 50 und 150-Millionen-Stufen ist sogar eine Reduktion von 40 Prozent vorgegeben.

Arbeitsplatzerhaltungspflicht und Boni- sowie Dividendenverbot

Hinzu kommen zusätzliche nationale Regelungen, die über den TCF hinausgehen. So gilt eine Arbeitsplatzerhaltungspflicht für den Förderzeitraum, wenn die Entlastung über zwei Millionen Euro liegt. Liegt kein Tarifvertrag oder keine Betriebsvereinbarung vor, müssen Unternehmen sich verpflichten, 90 Prozent der Vollzeitstellen bis 30. April 2025 zu erhalten.

Zusätzlich hat ein Boni- und Dividendenverbot als Stufenmodell Einzug in die Gesetze gehalten: So ist bei einer Entlastungssumme zwischen 25 und 50 Millionen Euro die Erhöhung von Boni verboten. Über 50 Millionen Euro Förderung greift dann ein weitgehendes Verbot von Boni und Dividenden.

Hohe Komplexität, unsichere Entlastungswirkung

Die Preisbremsengesetze sind damit äußerst komplex und die Entlastung ist mit zahlreichen Bedingungen und Einschränkungen verbunden. Es sind diverse Mitteilungs- und Prüfpflichten vorgesehen, um die Einhaltung der verschiedenen Vorgaben sicherzustellen. Während die Höchstgrenzen die Entlastung bei großen energieintensiven Verbrauchern stark einschränken, sorgt das EBITDA-Kriterium für Unsicherheit, da die Einhaltung vorab nur geschätzt und nur nachträglich bestätigt werden kann.

Es besteht aufgrund dieser Hürden das Risiko, dass die hohen Energiekosten am Anfang der Produktionsketten nicht ausreichend entlastet werden, sodass auch nachgelagerte Unternehmen nicht von der Entlastung profitieren können. Der VCI setzt sich daher für eine Neuverhandlung der TCF-Vorgaben und eine weitere Anpassung der Preisbremsengesetze ein, die die volle Umsetzung des Modells der Gaskommission möglich machen.

Kontakt

Für Fragen und Anregungen nehmen Sie gerne Kontakt mit uns auf.

 Heinrich Nachtsheim

Kontaktperson

Heinrich Nachtsheim

Energiepolitik; Wasserstoff