Deutliche Worte vom Normenkontrollrat

Deutsche Verwaltung zu wenig digitalisiert

27. September 2021 | Bericht

Bei der Digitalisierung seiner Verwaltung hinkt Deutschland im internationalen Vergleich weiter hinterher.

Leider immer noch oft zu sehen in deutschen Amtsstuben. © BillionPhotos.com/stock.adobe.com
Leider immer noch oft zu sehen in deutschen Amtsstuben. © BillionPhotos.com/stock.adobe.com

Das zeigt der aktuelle Bericht „Monitor Digitale Verwaltung“, den der Nationale Normenkontrollrat (NKR) im September 2021 vorgelegt hat. Eigentlich sind Bund, Länder und Gemeinden verpflichtet, 575 Verwaltungsleistungen bis Ende 2022 elektronisch über Verwaltungsportale anzubieten, die dann noch zu einem Portalverbund verknüpft werden sollen. So sieht es das 2017 verabschiedete Onlinezugangsgesetz (OZG) vor. Aktuell sind aber gerade einmal 16 Leistungen flächendeckend – in mindestens der Hälfte der Bundesländer – online verfügbar.

Der Blick in das Themenfeld „Umwelt“, das gerade für Unternehmen der chemisch-pharmazeutischen Industrie von großer Bedeutung ist, zeigt sogar eine Null bei der Anzahl der umgesetzten Leistungen. Daher ist es nicht verwunderlich, dass immer mehr Experten skeptisch sind, ob das gesetzte Digitalisierungsziel bis Ende 2022 überhaupt noch erreichbar ist. Umso wichtiger erscheint jetzt die Fokussierung auf die wichtigsten Leistungen und grundlegende Arbeiten.

Wirtschaft setzt Unternehmenskonto durch

Die Forderung der Wirtschaft nach einem bundesweit einheitlich gestalteten Unternehmenskonto wurde aber letztlich erfüllt. Das Konto wird auf Basis der ELSTER-Infrastruktur eingeführt, die von der elektronischen Steuererklärung bekannt ist.

Um ein hohes Maß an Nutzerfreundlichkeit zu erreichen, ist eine Verknüpfung des Unternehmenskontos mit dem Unternehmensbasisregister notwendig. Die dort enthaltene bundeseinheitliche Wirtschaftsnummer ermöglicht die Vernetzung vieler Register und wird dazu führen, dass Betriebe ihre Daten künftig nur noch einmal nennen müssen (Once-Only-Prinzip).

Bevor die Unternehmen allerdings von dieser Erleichterung profitieren können, werden noch 2-3 Jahre vergehen. Erst dann wird die einheitliche Identifikationsnummer für Unternehmen in Deutschland vorliegen.

Mehr Radikalität erforderlich

Handlungsbedarf für die neue Bundesregierung sieht der NKR neben einer durchsetzungsstarken Gesamtkoordinierung, vor allem bei der Nutzung offener, vorhandener Standards und Schnittstellen. Föderale Neuentwicklungen von Standards stehen im Widerspruch zur Idee „Einer für Alle“ für die Nutzung in der Fläche.

Von ebenso großer Bedeutung ist aus NKR-Sicht, dass bestehende und neue Gesetze auf ihre Digitaltauglichkeit geprüft werden. Leider wurden mangels Motivation der Bundesministerien bis heute keine Pilotverfahren für den Digitalcheck gefunden.

Erneut in Angriff zu nehmen ist auch die generelle Abschaffung der Schriftform. Diese wurde zwar seitens der Bundesregierung im Rahmen der OZG-Umsetzung angekündigt, aber nicht umgesetzt.

Es bleibt abzuwarten, ob die neue Bundesregierung veränderten Strategien und Strukturen eine Chance gibt. Klar ist aber schon jetzt, dass die Verwaltungsdigitalisierung länger dauern wird und nicht bis Ende 2022 erledigt ist.

Deutschland kaum noch im digitalen Mittelfeld in internationalen Rankings
Digital Economy and Society Index 2020,
EU-Kommission
DE auf Platz 21 von 28
(Vorjahr Platz 24)
EU eGovernment-Benchmark 2020,
EU-Kommission
DE auf Platz 18 von 28
(Vorjahr Platz 19)
E-Government Survey 2020,
Vereinte Nationen
DE auf Platz 59
(2018 Platz 21)
Digital Government Citizen Survey 2020,
BCG
DE auf Platz 29 von 36

Mehr zum Thema

Den „Monitor Digitale Verwaltung #6“ können Sie hier abrufen.

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Dipl.-Wirt.-Inf. Angelika Becker

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Bürokratieabbau, Wirtschaftsstatistik