Beschluss des Europäischen Parlaments

Europaabgeordnete fordern schärferes Chemikalienrecht

17. Juli 2020 | Bericht

In der Diskussion um eine „Chemikalienstrategie für Nachhaltigkeit“ in Europa hat das EU-Parlament schärfere Regelungen im Chemikalienrecht gefordert. In ihrer Sitzung am 10. Juli 2020 nahmen die Parlamentarier einen Entschließungsantrag mit 120 Forderungen mit großer Mehrheit an. Nun liegt der Ball im Feld der EU-Kommission, die ihren Vorschlag für eine Chemikalienstrategie im Herbst vorlegen möchte. Der VCI hatte vor der Abstimmung stabile rechtliche Rahmenbedingungen gefordert und eine EU-Strategie, die auf Innovationen statt auf Verbote setzt.

Wie sieht das künftige EU-Chemikalienrecht aus? Die EU-Kommission muss bis Oktober 2020 zur Entschließung des Europäischen Parlaments Stellung nehmen. - Bild: © Songkhla Studio / stock.adobe.com
Wie sieht das künftige EU-Chemikalienrecht aus? Die EU-Kommission muss bis Oktober 2020 zur Entschließung des Europäischen Parlaments Stellung nehmen. - Bild: © Songkhla Studio / stock.adobe.com

Das Europäische Parlament (EP) hat in seinem Beschluss die wichtige Rolle der Chemieindustrie beim Erreichen von Green-Deal-Zielen anerkannt. Gleichzeitig forderten die Abgeordneten in mehr als 120 Punkten umfangreiche Maßnahmen, um die Exposition von Mensch und Umwelt gegenüber gefährlichen Chemikalien zu minimieren. Dazu gehören auch Gesetzesänderungen an der Chemikalienverordnung REACH.

Jede Verwendung von Chemikalien, Materialien und Produkten solle künftig auf Sicherheit, Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung ausgelegt werden. Das soll nicht nur die menschliche Gesundheit und die biologische Vielfalt schützen und eine schadstofffreie Umwelt (Luft, Wasser, Boden) herbeiführen. Es soll auch dabei helfen, eine klimaneutrale, ressourcenschonende und wettbewerbsfähige Kreislaufwirtschaft zu verwirklichen.

Weitere Forderungen des Europäischen Parlaments:

  • Die REACH-Datenanforderungen sollen ausgeweitet werden. Polymere sollen künftig registriert werden müssen. Außerdem soll die Identifizierung von Stoffen als SVHC auf weitere Stoffklassen ausgeweitet werden. Verbote beziehungsweise Beschränkungen sollen künftig auch teilweise ohne Risikonachweis erfolgen. Die Behörden sollen außerdem Registrierungsnummern bei wiederholten Verstößen entziehen können.
  • Für Endokrine Disruptoren (ED) fordert das Parlament einen umfassenden regulatorischen Rahmen, eine horizontale Definition auf Basis der WHO-Definition für vermutete sowie wahrscheinliche und bekannte ED sowie neue Klassen zur Einstufung in der CLP-Verordnung.
  • Kombinationseffekte von Chemikalien sollen über alle einschlägigen Rechtsvorschriften hinweg reguliert und bei der Risikobewertung und beim Risikomanagement berücksichtigt werden. Hierzu sollen eine Methodik und neue Testmethoden entwickelt sowie Datenanforderungen überprüft werden.
  • Die EU-Kommission soll Kriterien für nachhaltige Chemikalien und Produktnormen ausarbeiten sowie Anreizsysteme und ökonomische Instrumente wie eine erweiterte Herstellerverantwortung einführen.
  • Zum Erreichen der Ziele der Kreislaufwirtschaft setzt das EP auf schadstofffreie Materialkreisläufe und Nachverfolgungssysteme für besorgniserregende Stoffe. Dazu sollen SVHC, persistente organische Schadstoffe (POPs), bestimmte in Erzeugnissen beschränkte Stoffe gemäß REACH-Anhang XVII und spezielle Stoffe, die im sektorspezifischen oder Produktrecht reguliert sind, zählen.

Die EU-Kommission muss jetzt bis Oktober 2020 zur Entschließung des Parlaments Stellung nehmen. Die Chemikalienstrategie soll nach einer Interservice-Konsultation voraussichtlich Mitte September 2020 veröffentlicht werden.

Die chemisch-pharmazeutische Industrie unterstützt grundsätzlich eine Chemikalienstrategie, die Innovationen zur Umsetzung der EU-Klimaziele, der Kreislaufwirtschaft und der Digitalisierung fördert. Dafür sind aber stabile rechtliche Rahmenbedingungen nötig.

Aus Sicht des VCI sollte die neue europäische Chemikalienstrategie deshalb anstelle von Verboten und umfangreichen neuen Datenanforderungen auf eine starke Nutzung des vorhandenen REACH-Datenschatzes sowie auf Vereinfachungen und Effizienzsteigerungen setzen. Parallel dazu sollte die Zusammenarbeit zwischen den europäischen Agenturen und wissenschaftlichen Beratungsgremien bei der Bewertung von Chemikalien verstärkt werden.

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Details zur Entschließung des Europäischen Parlaments vom 10. Juli 2020


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Dr. Angelika Hanschmidt

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Europäische Chemikalienpolitik, EU-Chemikalienstrategie, REACH