Deutsche Wirtschaft bezieht Stellung

Chinastrategie der Bundesregierung

23. Januar 2023 | Position

Plädoyer für einiges Auftreten einer starken EU und Verminderung einseitiger Abhängigkeiten.

Die Industrie bezieht Stellung zur Chinastrategie der Bundesregierung. © estherpoon - Fotolia.com
Die Industrie bezieht Stellung zur Chinastrategie der Bundesregierung. © estherpoon - Fotolia.com

Vor fünf Jahren war China für die deutsche Wirtschaft und Politik vor allem eines: ein dynamischer wachsender Markt voller Chancen. Dieses – etwas einseitige – Bild ist facettenreicher geworden. Der Staat greift stärker in die Wirtschaft ein, das Verhältnis zwischen den USA und China steckt voller Spannungen, und China versucht mehr denn je, in Europa Fuß zu fassen. Deshalb arbeitet die Ampelkoalition an einer neuen Chinastrategie. Die Industrie begleitet diesen Prozess konstruktiv.

Die Rolle Chinas für die Chemie- und Pharmabranche

China ist nach den USA der zweitwichtigste Handelspartner der deutschen chemisch-pharmazeutischen Industrie außerhalb Europas. In den vergangenen Dekaden ist die Nachfrage nach Produkten unserer Branche in China stetig gestiegen und war ein wichtiger Wachstumsmotor für den Chemiestandort Deutschland. Zugleich hat China technologisch massiv aufgeholt und ist dadurch mehr und mehr zu einem ernstzunehmenden Wettbewerber der deutschen Chemie geworden. Im Zuge der Industrialisierung Chinas haben die deutschen Chemie- und Pharmaunternehmen eine starke Produktionsbasis in China aufgebaut, um nahe an ihren Kunden zu sein und an technologischen Entwicklungen in China zu partizipieren.

Staat greift stärker in die Wirtschaft ein

Nach drei Jahrzehnten zunehmender Öffnung und Liberalisierung hat China in der ersten Dekade des 21. Jahrhunderts Schritt für Schritt die Kontrolle der Wirtschaft durch Staat und Partei ausgeweitet sowie zunehmende Autarkiebestrebungen eingeleitet. Zugleich ist der internationale Hegemonialanspruch Chinas gewachsen, der Umbau der internationalen Ordnung wird angestrebt. Der XX. Parteikongress der KPCh hat diesen Paradigmenwechsel unter Präsident Xi Jinping deutlich manifestiert.

China fordert die USA heraus und beeinflusst Europa und Deutschland

Seit Beginn des Jahrtausends sehen sich die USA durch den Aufstieg Chinas in ihrer Hegemonialrolle herausgefordert. Unter den Präsidenten Obama, Trump und Biden wurden auf unterschiedliche Weisen Strategien entwickelt und umgesetzt, dem Aufstieg Chinas zu begegnen. Die Geopolitik ist mit Macht auf die internationale Agenda zurückgekehrt. Dies hat auch starke Auswirkungen auf die Politik und Wirtschaft in Europa und Deutschland.

Der Aufstieg und der Wandel Chinas sowie die veränderte Haltung der USA lassen das deutsch-chinesische Verhältnis nicht unberührt. Die Ampelkoalition arbeitet unter Federführung des Auswärtigen Amtes erstmals an einer „nationalen Chinastrategie“. Zwischen den Koalitionspartnern und Ressorts herrscht noch Uneinigkeit, wie stark der Schwenk in der Politik gegenüber China ausfallen soll. Im November 2022 erblickte zur Zeit der Ressortabstimmung ein erstes Leak der Strategie das Licht der Welt. Es zeichnet sich ab, dass im Dreiklang „Partner – Wettbewerber – systemischer Rivale“ die Dimension des Systemwettbewerbs an Bedeutung gewinnen wird. Zugleich soll eine umfassende Abkopplung aber nicht angestrebt werden. Noch ist nicht final entschieden, welche Instrumente im Rahmen der Strategie angepasst oder geschaffen werden sollen.

Deutsche Wirtschaft positioniert sich zur Chinastrategie der Bundesregierung

Unter Federführung des Asien-Pazifik-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft (APA) hat sich die deutsche Wirtschaft Anfang 2023 zur „nationalen Chinastrategie“ positioniert. Der VCI hat sich dabei im vergangenen Jahr aktiv eingebracht. Aus Sicht von APA und VCI sind essenzielle Pfeiler einer Chinastrategie

  • die Einheit der EU im internationalen Auftreten,
  • die Stärkung der Standortbedingungen am Industriestandort Europa und
  • im Sinne eines Risikomanagements die Reduktion einseitiger Abhängigkeiten durch die Diversifizierung der internationalen Wirtschaftsbeziehungen durch eine aktive EU-Handelspolitik.

Auch eine enge Abstimmung mit den USA ist dringend erforderlich.

Weitere Informationen können Sie dem Positionspapier des APA entnehmen.

Die Lage in China ordnet BDI-Experte Stefan Gätzner in diesem Interview ein.

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Dr. Matthias Blum

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Dr. Matthias Blum

Abteilungsleitung Außenwirtschaft, Außenwirtschaftspolitik, europäische/nationale Industriepolitik