Chemisches Kunststoffrecycling

Neue Verfahren und Konzepte

05. Juli 2021 | Bericht

Die Umstellung ihrer Rohstoffbasis auf Treibhausneutralität stellt die chemische Industrie vor einer ihrer größten Herausforderungen.

Chemische Recyclingverfahren ergänzen das mechanische Recycling insbesondere für Wertstoffströme, die dort nicht ökologisch und ökonomisch sinnvoll verarbeitetet werden können. © fotofabrika - stock.adobe.com
Chemische Recyclingverfahren ergänzen das mechanische Recycling insbesondere für Wertstoffströme, die dort nicht ökologisch und ökonomisch sinnvoll verarbeitetet werden können. © fotofabrika - stock.adobe.com

Executive Summary

Im Kontext des Klimawandels steht die chemische Industrie vor einer ihrer größten Herausforderungen: Der Umstellung ihrer Rohstoffbasis auf Treibhausneutralität. Eine Option für die Diversifizierung der Rohstoffbasis ist das chemische Recycling von Kunststoffen in Kombination mit dem Einsatz von synthetischen Kohlenwasserstoffen unter Nutzung von Kohlendioxid und „grünem“ Wasserstoff.

Die Experten der beteiligten Organisationen BKV, DECHEMA, Plastics Europe Deutschland und des VCI haben Forschungs- und Entwicklungsbedarf an der Schnittstelle von P2X-Sektorenkopplungs-Wasserstofftechnologien und dem chemischen Kunststoffrecycling identifiziert und geben mit diesen Empfehlungen Anregungen für die Initiierung von Forschungsprogrammen der Bundesministerien und Aktivitäten der beteiligten Organisationen und ihrer Mitglieder:

  • Das Potenzial zum Ausbau des mechanischen und chemischen Kunststoffrecyclings ist beachtlich. Dabei besteht zwischen dem mechanischen und dem chemischen Recycling eine Komplementarität der Verwertungswege. Chemische Recyclingverfahren ergänzen das mechanische Recycling insbesondere für Wertstoffströme, die dort nicht ökologisch und ökonomisch sinnvoll verarbeitetet werden können. Von besonderer Bedeutung für das jeweilige chemische Kunststoffrecyclingverfahren ist die vorhergehende Aufbereitung der Abfallströme.
  • Mechanische und chemische Recyclingverfahren sollten in Abhängigkeit von den Abfallqualitäten angewendet werden, um das Recycling insgesamt zu optimieren und dabei eine möglichst hohe Wirtschaftlichkeit zu erreichen. Auch die verschiedenen chemischen Recyclingverfahren können sich ergänzen. Deren effektives synergistisches Zusammenwirken bedarf Kriterien, die noch weiter ausgearbeitet werden müssen. Dafür muss das chemische Kunststoffrecycling in Ergänzung zum mechanischen technologisch weiterentwickelt und die regulativ-politische Rahmenbedingungen adäquat gestaltet werden.
  • Wichtig für die Realisierung großtechnischer Anwendungen von Pyrolyse- und Vergasungsverfahren sind die Produktoptimierung und die Skalierung.
  • Es ist zu beachten, dass auch für die Aufarbeitung der Produkte der Kunststoffpyrolyse und damit für die Nutzbarmachung von auf diesem Wege recyceltem Kohlenstoff Wasserstoff benötigt wird. Dieser zusätzliche Wasserstoffbedarf muss in der Technologienentwicklung adäquat berücksichtigt werden.
  • Im chemischen Recycling ist die Etablierung von Demonstrationsanlagen notwendig. Wichtig für den Aufbau zentraler Verfahren des chemischen Recyclings ist die kosteneffiziente logistische Einbindung der Ver- und Entsorgung in einen Chemiestandort.
  • Lebenszyklusbewertungen (LCA) sind wichtig für die Begleitung der Technologieentwicklung, aber nur eingeschränkt geeignet für die Information auf der Ebene von politischen oder unternehmerischen Entscheidungen. Sie können nur zur Entscheidungsunterstützung dienen.
  • Regulatorische Rahmenbedingungen sind oft entscheidend für die Etablierung alternativer technologischer Optionen. Insbesondere die adäquate Berücksichtigung des chemischen Recyclings im Abfallrecht ist für die Chemieindustrie eine Grundvoraussetzung.
  • Forschungs- und Förderungsbedarf hinsichtlich der Wasserstoffnutzung für den Einsatz in chemischen Recyclingprozessen bestehen insbesondere hinsichtlich des Wasserstoffeinsatzes in der Pyrolyse, der Hydrierungen, der Reaktionsführung und der effizienten Kopplung der Abfallverwertung mit der chemischen Industrie. Hierbei ist ein starker Fokus auf das Thema Nachbehandlung der Pyrolyseprodukte zur anschließenden Weiterverarbeitung in chemischen Produktionsprozessen zu legen. Grundsätzlich ist eine System- und Technologieoffenheit in der Wertschöpfungskette anzustreben, d. h. die Verfahren zum chemischen Recycling sollten als ergänzende Technologien zu mechanischen Verfahrensschritten konzipiert werden.
  • Weitere Herausforderungen liegen in der Erhöhung der technologischen Reife, im Scale-up, in den Investments in Demonstrationsvorhaben und Reallaboren, im Aufbau von Infrastrukturen wie Wasserstoff-Pipelines und in der Kostenreduktion für die Erzeugung und anschließender Nutzungsmöglichkeit von grünem Wasserstoff, in der Zertifizierung des Recyclinganteils im Pyrolyseprodukt und in der Akzeptanz von chemischen Recyclingtechnologien.
  • Zentrale Entwicklungskriterien für Technologien zum chemischen Recycling werden beschrieben. Dazu gehören auch Wege zur Minimierung des Anteils von Heteroatomen. An der Basis der Technologieentwicklung zum chemischen Recycling bleibt Grundlagenforschung wichtig, wie z. B. nicht zuletzt grundlegende Untersuchungen zur Energiebilanz des Kohlenstoffkreislaufs.
  • Darüber hinaus werden Empfehlungen zu übergreifenden Fragestellungen hinsichtlich der Abfallströme, des Marktes und der Nutzung und Bedarf von hergestelltem Rezyklat abgeleitet.

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Dr. Martin Reuter

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Dr. Martin Reuter

Energie- und Materialforschung, Forschungs- und Technologiepolitik