Neue EU-Regeln für Verpackungen ante portas

Wichtiger Schritt trotz Stolpersteinen

15. April 2024 | Bericht

Recycling und Kreislaufwirtschaft gestärkt. Regelungen für Transportverpackungen kaum realisierbar.

Verkaufs- und Transportverpackungen sind zwei Paar Schuhe: Stretchfolien für Paletten, die für den sicheren Transport in der Lieferkette verwendet werden, sind ein gutes Beispiel dafür, dass es nicht für alle Anwendungen praktikable Optionen für die Wiederverwendung gibt. Sie werden dagegen bereits in großem Umfang recycelt, was der Gesamtbilanz für die Umwelt hier zuträglicher ist. © KANGWANS/stock.adobe.com
Verkaufs- und Transportverpackungen sind zwei Paar Schuhe: Stretchfolien für Paletten, die für den sicheren Transport in der Lieferkette verwendet werden, sind ein gutes Beispiel dafür, dass es nicht für alle Anwendungen praktikable Optionen für die Wiederverwendung gibt. Sie werden dagegen bereits in großem Umfang recycelt, was der Gesamtbilanz für die Umwelt hier zuträglicher ist. © KANGWANS/stock.adobe.com

Die EU-Institutionen haben sich in turbulenten Verhandlungen im März auf neue Bestimmungen für Verpackungen und den Umgang mit Verpackungsmüll geeinigt. Das Ergebnis ist eine deutliche Stärkung des Recyclingmarktes und damit ein Erfolg für die Kreislaufwirtschaft. Ein großer Wermutstropfen bleibt aber die kaum realisierbare Anforderung zur Wiederverwendung von Transportverpackungen.

Der Einigung von Parlament, Kommission und Rat ging eine Zitterpartie voraus. Bis zum Schluss war nicht klar, ob der Verhandlungserfolg an einem Veto aus Deutschland durch die FDP doch noch scheitern würde. Schließlich stimmte Deutschland aber zu, und der Weg scheint vorerst frei für die Implementierung einer neuen, EU-weit geltenden Verordnung für Verpackungen und Verpackungsabfälle.

Recycling auf der Überholspur

Welch großer Schritt den Verhandlungspartnern damit für die Kreislaufwirtschaft gelungen ist, zeigt sich an den breiten Diskussionen um Rezyklateinsatzquoten. Im Ergebnis sind diese nun äußerst ambitioniert festgelegt. Ab 2030 gelten die folgenden Quoten pro Verpackungsformat: 30 Prozent für kontaktsensitive Verpackungen (außer Einwegflaschen aus PET), 10 Prozent für kontaktsensitive Verpackungen aus Kunststoffmaterialien (außer PET und Einwegflaschen), 30 Prozent für Einweg-Getränkeflaschen und 35 Prozent für alle anderen Kunststoffverpackungen. Ab 2040 sind noch einmal deutliche Erhöhungen der Quoten festgelegt.

Positiv ist in diesem Zusammenhang die Offenheit bezüglich der Recyclingverfahren zu bewerten. Gerade im Bereich von kontaktsensitiven Verpackungen stößt das mechanische Recycling an seine Grenzen und es braucht neue Technologien. Die hohen Quoten in diesem Bereich bilden somit einen wichtigen Anreiz für Investitionen in chemische Recyclingverfahren, die auch für die Umstellung der Rohstoffbasis der Chemie infolge ihrer Transformation zur Treibhausgasneutralität eine entscheidende Rolle spielen.

Ein weiterer Kernaspekt der Verordnung: Alle Verpackungen sollen zukünftig recyclingfähig sein. Für die Zeit nach 2030 sollen dafür in delegierten Rechtsakten Kriterien und eine daraus resultierende Kategorisierung in Recyclingklassen erfolgen. Hier bleibt abzuwarten, wie die Kriterien konkret gestaltet werden sollen.

Positiv ist zu bewerten, dass Gefahrgutverpackungen aus weiten Teilen der Anforderungen der neuen Verordnung ausgenommen sind. So müssen Gefahrgutverpackungen beispielsweise keine Rezyklateinsatzquoten erfüllen, verpflichtend recycelfähig oder wiederverwendbar sein.

Regeln für Transportverpackungen führen in die Sackgasse

Neben den überwiegend positiven Aspekten schlagen auch negative Bestimmungen zu Buche. Das größte Problem der Einigung stellt für die Chemieindustrie dar, dass Transportverpackungen weiterhin nicht von der Verordnung ausgenommen sind und insofern starken Mehrwegpflichten unterliegen werden, die kaum umsetzbar sind. Erschwerend kommen Unklarheiten bezüglich des genauen Bezugsrahmens hinzu. Statt der sinnvollen und bewährten Unterscheidung zwischen Verkaufs- und Transportverpackungen ist die Einigung durch Mehrwegquoten auf „Verkaufsverpackungen zum Transport von Produkten“ verwässert und lässt damit offen, welche Verpackungsformate damit überhaupt gemeint sind.

Unklarheit besteht auch bezüglich der Bestimmungen zu biobasierten Kunststoffen. Der VCI hatte sich im Vorfeld des Trilogs mit einer Pressemitteilung in die Debatte eingebracht und für separate Einsatzquoten für biobasierte Kunststoffe geworben, um hier keine Konkurrenz zu Kunststoffrezyklaten herbeizuführen. Die Idee dahinter: Für eine erfolgreiche Transformation ist der Einsatz von allen möglichen nicht-fossilen Kohlenstoffquellen erforderlich. Deshalb dürfen diese nicht gegeneinander ausgespielt werden.

Ein Funken Hoffnung

Nach der Einigung muss das Verhandlungsergebnis noch von Parlament und Rat bestätigt werden, bevor es im öffentlichen Amtsblatt der EU erscheint und in Kraft tritt, was nun im vierten Quartal 2024 zu erwarten ist. Die Parlamentsabstimmungen werden im April und September 2024 stattfinden (wegen der Zäsur in der Legislaturperiode), diejenige im Rat im Juni.

Eine letzte Hoffnung auf Besserungen bezüglich der negativen Aspekte besteht im Zuge des Prozesses so genannter legaler Klarstellungen, die von der neuen Kommission ab September vorgenommen werden können. Hier ist etwa für die Regelungen für Transportverpackungen zu hoffen, dass sie erst ab 2030 gelten. Auch soll festgehalten werden, welche Verpackungen unter Ausnahmen von Wiederverwendungsquoten fallen.

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Dr. Aliaksandra Shuliakevich

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Rohstoffe, Zirkuläre Wirtschaft

Dr. Wadim Weber

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Verpackungslogistik, Verpackungen, Rücknahmesysteme, Tests und Kriterien (Gefahrgut), Normung/Managementsysteme