EU-Parlament stimmt über Ökodesign-Verordnung ab

Nachhaltigkeits-Beitrag der Chemie bedroht

13. Juli 2023 | Bericht

Mit der Entscheidung geraten Chemikalien und „besorgniserregende Stoffe“ in den Blick.

Am 12. Juli 2023 hat das Europäische Parlament über die Ökodesign-Richtlinie abgestimmt. Sie soll nachhaltige Produkte fördern. Der Entschluss des Parlaments bedroht den Beitrag von Chemikalien zur Nachhaltigkeit und schafft eine Parallelstruktur zur Regulierung über REACH. Nächster Schritt ist nun der Beginn des Trilogs. © European Union, 2023
Am 12. Juli 2023 hat das Europäische Parlament über die Ökodesign-Richtlinie abgestimmt. Sie soll nachhaltige Produkte fördern. Der Entschluss des Parlaments bedroht den Beitrag von Chemikalien zur Nachhaltigkeit und schafft eine Parallelstruktur zur Regulierung über REACH. Nächster Schritt ist nun der Beginn des Trilogs. © European Union, 2023

Am 12.07.2023 hat das Europäische Parlament über neue Ökodesign-Vorgaben zur Förderung nachhaltiger Produkte abgestimmt. Mit seinem Entschluss stärkt das Parlament die Absicht der Europäischen Kommission, eine neue Kategorie „besorgniserregender Stoffe“ einzuführen und nimmt darüber hinaus Chemikalien als eigene Produktgruppe ins Visier.

Ursprünglich wurde die Gesetzesinitiative im Rahmen eines Aktionsplans zur Förderung von Kreislaufwirtschaft angestoßen. Ziel war die Ausweitung bestehender Ökodesign-Vorgaben für energieverbrauchsrelevante Produkte auf alle Produktgruppen und die Ergänzung bestehender Kriterien um die Kreislauffähigkeit von Produkten. Am 30. März 2022 legte die Europäische Kommission einen Vorschlag für eine neue Verordnung vor.

Vorschlag für neue Kategorie „besorgniserregender Stoffe“

Der VCI zeigte sich schon damals besorgt darüber, dass der Vorschlag der Kommission den Einsatz gefährlicher oder potenziell gefährlicher Chemikalien durch die Einführung einer neuen Kategorie „besorgniserregender Stoffe“ undifferenziert in den Blick rückte. Zu befürchten sind Verbote und Beschränkungen, die letztlich nachteilige Effekte für das Erreichen der Ziele des Green Deals hätten. Wichtig zu wissen ist dabei: Auch gefährliche oder potenziell gefährliche Chemikalien können in einem Produkt einen wesentlichen Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten oder schlichtweg unverzichtbar für dessen Herstellung sein. Nachhaltigkeit und gefährliche Chemikalien schließen sich also nicht zwangsläufig aus. Entscheidend ist, auf der Basis eines risikobasierten Ansatzes die sichere und nachhaltige Verwendung von eingestuften Stoffen zu gewährleisten sowie spezifische, inakzeptable Risiken zu identifizieren und auszuschließen. Die eingestuften Stoffe können im Zuge des Produktionsprozesses in geschlossenen Industrieanlagen sicher verwendet werden und später im Endprodukt unschädlich in gebundenem Zustand oder auch gar nicht mehr vorhanden sein.

Umweltausschuss verschärfte Vorschlag der Kommission

Die Stellungnahme des Umweltausschusses des Europaparlaments vom 22. Juni 2023 stärkte das bedenkliche Vorgehen der Kommission aber noch: Einerseits wurde der Geltungsbereich der vorgeschlagenen Definition von „besorgniserregenden Stoffen“ sogar erweitert, anstatt bei der Definition den Fokus auf eine Verhinderung der Kreislaufführung zu setzen. Andererseits hat der Umweltausschuss vorgeschlagen, Chemikalien als eigene Produktgruppe einzuführen, für die prioritär Ökodesign-Anforderungen festgelegt werden sollen. Damit schafft die Ökodesign-Richtlinie eine Parallelstruktur zur Regulierung von Chemikalien über REACH.

Keine Kehrtwende im Plenum – Hoffnung auf Nachbesserungen im Trilog-Verfahren

Bei der Abstimmung im Plenum wurden die negativen Weichenstellungen des Berichts aus dem Umweltausschuss bestätigt. Ein kurzfristig eingebrachter Plenar-Änderungsantrag, der die Kreislaufführung von Produkten wieder stärker in den Fokus rücken sollte, scheiterte. Auch der Einführung von Chemikalien als prioritärer Produktgruppe wurde zugestimmt.

Auf Grundlage des im Plenum abgestimmten Berichts startet als nächstes das Trilog-Verfahren. Hier besteht die Möglichkeit, dass Mitgliedstaaten über ihre Stimmen im Rat der Europäischen Union noch Einfluss auf den finalen Gesetzestext nehmen. Für die spanische Ratspräsidentschaft genießt die Ökodesign-Verordnung eine hohe Priorität. Es ist zu erwarten, dass die Verhandlungen bis zum Frühjahr 2024 abgeschlossen sind. Insofern könnte der Gesetzestext bereits Mitte 2024 in Kraft treten.

Im schlimmsten Fall sind mögliche Einschränkungen der Nutzung von notwendigen Stoffen in den jeweiligen Produktgruppen zu erwarten, die durch delegierte Rechtsakte reguliert werden sollen.

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 Felix Lesche

Kontaktperson

Felix Lesche

Zirkuläre Wirtschaft, Kampagnen

 Martina Schönnenbeck

Kontaktperson

Martina Schönnenbeck

Lebensmittelzusatzstoffe, Responsible Care, Sustainable Consumption and Production