Konzept „Safe and Sustainable by Design“ der EU-Kommission

Innovationsprozesse noch bürokratischer?

11. Januar 2024 | Bericht

SSbD-Ansatz bremst Innovationen durch aufwendige Bewertungsverfahren für Chemikalien eher aus.

Mit ihrem Konzept „Safe and Sustainable by Design“ will die EU-Kommission Chemikalien und Materialien sicherer und nachhaltiger machen. Tatsächlich könnte es Innovationen eher ausbremsen. © hot_pixel/stock.adobe.com
Mit ihrem Konzept „Safe and Sustainable by Design“ will die EU-Kommission Chemikalien und Materialien sicherer und nachhaltiger machen. Tatsächlich könnte es Innovationen eher ausbremsen. © hot_pixel/stock.adobe.com

Mit ihrem Konzept „Safe and Sustainable by Design“ will die EU-Kommission Chemikalien und Materialien sicherer und nachhaltiger machen. Der VCI bewertet die Vorschläge skeptisch.

Mit dem Ziel ein nachhaltigeres Europa zu schaffen, hat die Europäische Kommission 2019 den Europäischen Green Deal vorgestellt. Ein wichtiger Baustein dieser Initiative ist die EU-Chemikalienstrategie (CSS). Sie widmet dem Schutz von Menschen und Umwelt vor negativen Auswirkungen gefährlicher Chemikalien große Aufmerksamkeit, indem zum Beispiel sichere und nachhaltigere Alternativen gefördert werden. Ein Teil der CSS ist das Konzept „Safe and Sustainable by Design“ (SSbD), das die Verwendung von Chemikalien und Materialien bereits in der Forschung und anschließend in der Produktion sicherer und nachhaltiger gestalten soll. Obwohl das SSbD vorerst nicht rechtlich bindend ist, befürchtet der VCI, dass Forschungsprozesse damit noch bürokratischer werden und dass die EU damit durch die Hintertür eine zweite Chemikalienregulierung schafft. Vor allem aber drohen Innovationen ausgebremst zu werden, was den Weg zur Nachhaltigkeit im Ganzen betrachtet eher behindert als befördert.

Das ist bisher passiert

SSbD wurde erstmalig im Zuge der Veröffentlichung der CSS im Oktober 2020 angekündigt. Von der EU-Kommission beauftragt, hatte das Joint Research Center (JRC) 2022 einen Konzeptentwurf veröffentlicht. Dieser enthält ein Bewertungsschema, das aus fünf Schritten besteht: Der erste Schritt ist eine gefahrenbasierte Bewertung der Chemikalie beziehungsweise des Materials. Danach folgen die Bewertung von Gesundheits- und Sicherheitsaspekten (Schritt 2) in der Produktionsphase sowie Gesundheits- und Umweltaspekten (Schritt 3) in der Anwendungsphase. In Schritt 4 sollen schließlich ökologische Nachhaltigkeit und und in Schritt 5 die der sozialen Nachhaltigkeit beurteilt werden. Dass ein gefahrenbasierter Ansatz gewählt wurde, ist nicht zielführend. Das bewährte Konzept der Risikobewertung muss für alle Stoffe erhalten bleiben. Der gefahrenbasierte Ansatz des dargelegten SSbD-Konzepts sorgt langfristig für eine unnötige Stigmatisierung bewährter Stoffe, die in Forschungs- und Produktionsprozessen und professionellen Anwendungen sicher gehandhabt werden können.

Der Veröffentlichung des JRC-Reports folgten Studien, Konsultationen und Workshops mit dem anschließenden Start einer zweijährigen Testphase. Die Ergebnisse und eine erste Zwischenbewertung zur Halbzeit der Testphase wurden bei einem zweitägigen Stakeholder-Workshop im Dezember 2023 vorgestellt und diskutiert. Zu den wichtigsten Schlussfolgerungen gehören:

  • Die EU-Kommission soll Kompromisse zwischen Sicherheit und Nachhaltigkeit untersuchen,
  • die Kriterien für die fünf Schritte standardisieren und bereits etablierte Methoden (u.a. Portfolio Sustainability Assessment (PSA)) berücksichtigen,
  • die Praktikabilität des Konzepts sicherstellen
  • und Screening-Ansätze entwickeln, um speziell kleine und mittlere Unternehmen durch Trainings- und Beratungsangebote zu unterstützen.

Wie geht es weiter?

Die EU Kommission wird voraussichtlich im März 2024 ihren ersten „SSbD Guidance-Report“ veröffentlichen. Im Rahmen einer Konsultation soll anschließend die Möglichkeit zur Kommentierung gegeben werden. Die chemische Industrie wird sich auch hier am laufenden Gestaltungs- und Dialogprozess beteiligen. Ob die bereits eingebrachten Anmerkungen und Überarbeitungsvorschläge aufgegriffen werden und in dieser zweiten Runde der Testphase berücksichtigt werden, ist unklar. Empfehlungen der chemischen Industrie sollen in Kürze veröffentlicht und an die EU Kommission weitergegeben werden (Cefic 3rd Draft Report, 01/2024). Ab 2025 soll das Konzept angepasst werden, damit es in der Forschung offiziell angewendet werden kann.

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 Martina Schönnenbeck

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Lebensmittelzusatzstoffe, Responsible Care, Sustainable Consumption and Production

Dr. Denise Schütz-Kurz

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EU-Forschungspolitik, Start-ups Chemie