EU-KOMMUNALABWASSER-RICHTLINIE

VCI bevorzugt „Schweizer Modell“

09. Dezember 2022 | Bericht

Die EU-Kommission will mit geplanter Kommunalabwasser-RL gegen die Verschmutzung des Wassers vorgehen.

Die EU will eine „erweiterte Herstellerverantwortung" einführen, um die vierte Reinigungsstufe zu finanzieren. © Chalabala/ThinkstockPhotos
Die EU will eine „erweiterte Herstellerverantwortung" einführen, um die vierte Reinigungsstufe zu finanzieren. © Chalabala/ThinkstockPhotos

Einen Großteil der Kosten soll die chemisch-pharmazeutische Industrie tragen.

Mit ihrem Vorschlag für eine überarbeitete „EU-Kommunalabwasser-Richtlinie“ droht der chemisch-pharmazeutischen Industrie weiteres Ungemach: Die EU-Kommission hat erste Ideen für eine „erweiterte Herstellerverantwortung in der Wasserpolitik“ in ihrem Richtlinienentwurf vom Herbst 2022 vorgelegt. Ziel ist, die Branche an den Kosten der Abwasserreinigung zu beteiligen. Die vorgeschlagenen Regelungen orientieren sich an den Vorgaben des Abfallrechts.

Gegen eine „erweiterte Herstellerverantwortung“ spricht sich der VCI aus; er setzt auf das sogenannte Schweizer Modell: Dieses seit Jahren in der Praxis erprobte System refinanziert sich über eine Konsumentenabgabe. Alle Bürger nutzen Produkte der chemisch-pharmazeutischen Industrie und sind auch für die Refinanzierung ihrer Lebensgewohnheiten verantwortlich. Das „Schweizer Modell“ ist auch deswegen sinnvoll, weil unnötige Bürokratiekosten vermieden werden.

Die EU-Pläne im Detail

Bis zum 31. Dezember 2035 sollen die Gemeinden die vierte Reinigungsstufe verpflichtend für alle Kläranlagen größer oder gleich 100.000 angeschlossenen Einwohnern (EW) einführen. Gleichzeitig soll bis zum 31. Dezember 2040 die vierte Reinigungsstufe ebenfalls für Siedlungsgebiete zwischen 10.000 und 100.000 EW eingerichtet werden. Und zwar überall dort, wo höhere Konzentrationen an Mikroschadstoffen ein Risiko für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt darstellen.

Die Produzenten sollen sich in einer „Organisation für erweiterte Herstellerverantwortung“ zusammenschließen. Jeder Mitgliedstaat soll dazu verpflichtet werden, die erweiterte Herstellerverantwortung auf Arzneimittel und Kosmetikprodukte anzuwenden, indem ein System entsprechend der Abfallrahmenrichtlinie eingerichtet wird. Konsequenz: Importeure und Hersteller „wären finanziell für die Behandlung der durch ihre Produkte verursachten Verschmutzung verantwortlich“, so der VCI. Laut EU-Vorschlag sollen die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass die Hersteller die vollen Kosten einschließlich der Kosten für die Überwachung und für die Berichterstattung tragen. Diese finanzielle Beteiligung wird auf der Grundlage der Mengen und der Toxizität der Produkte festgelegt, die auf den Markt kommen.

Die politische Situation hat sich auch dadurch verschärft, dass die EU-Kommission zeitgleich zur Kommunalabwasser-Richtlinie einen überarbeiteten Richtlinienentwurf über Umweltqualitätsnormen (UQN) für Grund- und Oberflächengewässer vorgelegt hat. Hier werden erstmalig UQN für pharmazeutische Wirkstoffe wie Diclofenac vorgeschlagen. Entsprechende Werte-Überschreitungen in den Gewässern würden zwangsläufig zur Installation einer vierten Reinigungsstufe mit entsprechenden Fragen an die Finanzierung führen.

Fazit

In Zeiten knapper Kassen hat die EU-Kommission Überlegungen des Bundesumweltministeriums aufgegriffen, die Aufgaben der kommunalen Wasserwirtschaft durch die chemisch-pharmazeutische Industrie refinanzieren zu lassen. Viele Detailfragen bleiben unklar und müssen durch die Mitgliedstaaten inhaltlich gefüllt werden. Die Gesetzgebung steht noch ganz am Anfang: Parlamentsausschüsse und Berichterstatter müssen festgelegt werden. Eine Projektgruppe im VCI wird das Thema bearbeiten

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Dr. Thomas Kullick

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Dr. Thomas Kullick

Anorganische Schwefelverbindungen, Boden- und Gewässerschutz