Listing Act

Leichterer Kapitalmarktzugang für Unternehmen

04. April 2023 | Information

„Listing Act“ mit regulatorischen Erleichterungen für KMU und Start-ups vorgestellt.

Der „Listing Act“ soll KMU und Start-ups den Weg zur Börse erleichtern. © D. Bontinck
Der „Listing Act“ soll KMU und Start-ups den Weg zur Börse erleichtern. © D. Bontinck

Am 7. Dezember 2022 hat die EU-Kommission den sog. „Listing Act“ vorgestellt. Im Zentrum der Gesetzesvorschläge stehen regulatorische Erleichterungen für KMU und Start-ups, um ihnen den Weg zur Börse zu erleichtern. Der Listing Act umfasst zwei Richtlinien ( COM(2022), 760 ; COM(2022) 761 ) und eine Verordnung (COM(2022) 762) zur Änderung verschiedener gesellschafts- und kapitalmarktrechtlicher Rechtsakte.

Der Richtlinienvorschlag COM(2022) 761 sieht eine Mindestharmonisierung gesellschafts- und kapitalmarktrechtlicher Regelungen zur Ermöglichung von Mehrstimmrechten für Aktiengesellschaften vor, die eine erstmalige Zulassung zu einem KMU-Wachstumsmarkt anstreben. Zum Schutz der Aktionäre ohne Mehrstimmrechte sieht der Entwurf einige zwingende und einige fakultative Safeguards vor. So soll die Einführung und Modifizierung von Mehrstimmrechten etwa eine qualifizierte Mehrheit bedürfen und muss eine Begrenzung des Stimmgewichts vorgesehen werden. In Deutschland sind seit dem Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) aus dem Jahr 1998 Mehrstimmrechtsaktien unzulässig (§ 12 Abs. 2 AktG). Die Bundesregierung hat sich hingegen in ihrem Koalitionsvertrag (S. 169) für die Einführung von Mehrstimmrechtsaktien ausgesprochen. Der VCI begrüßt die damit verbundene größere Flexibilität bei der inhaltlichen Gestaltung von Aktien. Mehrstimmrechtsaktien sollten daher auch nicht nur Wachstumsunternehmen und KMUs, sondern allen Aktiengesellschaften offenstehen. Dies lässt Art. 3 der Änderungsrichtlinie ausdrücklich zu. Welche Aktiengattungen sich durchsetzen werden, wird der Markt entscheiden.

Eine weitere wichtige Änderung betrifft die Marktmissbrauchsverordnung (EU) 596/2014. Nach dem Vorschlag der EU-Kommission sollen Zwischenschritte bei einem zeitlich gestreckten Vorgang grundsätzlich keine Ad-hoc-Publizitätspflicht mehr auslösen. Das Insiderhandelsverbot ist davon allerdings nicht erfasst, sodass das Insiderhandelsverbot auch künftig durch Zwischenschritte ausgelöst wird. Ist die Vertraulichkeit einer Insiderinformation nicht mehr sichergestellt, sind auch insiderrelevante Zwischenschritte offenzulegen. Vorgesehen ist, dass die EU-Kommission ermächtigt wird, mittels delegiertem Rechtsakt eine nicht abschließende Liste zu erstellen, in der für bestimmte Informationen Zeitpunkte festgelegt werden, zu denen erwartet werden kann, dass der Emittent sie offenlegt. Erleichterungen sind auch beim Führen sog. Insiderlisten geplant: Zwingend vorgeschrieben sollen nur noch „permanente“ und nicht mehr „anlassbezogene“ Insiderlisten sein. Von ihrem Ansatz sind die vorgeschlagenen kapitalmarktrechtlichen Erleichterungen zu begrüßen, da sie den administrativen Aufwand der Emittenten reduzieren können. Bei der Umsetzung stellen sich jedoch noch vielzählige Praxisfragen, die zur Folge haben können, dass die Kapitalmarkt-Compliance zwar nach außen geringer wird, es im Innenverhältnis aber zu keiner spürbaren Entlastung kommt, da sämtliche Compliance-Systeme auch weiterhin aufrechterhalten werden müssen.

Zum weiteren Verfahren: Auf Brüsseler Ebene müssen sich nun das EU-Parlament und der Rat mit dem EU Listing Act befassen, ehe das Gesetzespaket im Trilogverfahren verhandelt wird. Auf deutscher Ebene haben das BMF und das BMJ die Veröffentlichung eines sog. Zukunftsfinanzierungsgesetzes angekündigt, in dem es ebenfalls um die Erleichterung des Kapitalmarktzugangs für Unternehmen, insbesondere Startups, Wachstumsunternehmen und KMU gehen soll.

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Dr. Tobias Brouwer

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Dr. Tobias Brouwer

Abteilungsleitung Recht und Steuern, Compliance, Unternehmens- und Verbandsrecht