Prüfung durch deutsche Behörden

VCI-Stellungnahme zur Kritik an der Qualität der REACH-Registrierungsdossiers

03. September 2015 | Position

Langfassung zu diesem Dokument

Das Umweltbundesamt und das Bundesinstitut für Risikobewertung haben in einem gemeinsamen Forschungsprojekt Registrierungsdossiers für Stoffe überprüft, die bis 2010 bei der europäischen Chemikalienagentur ECHA eingereicht wurden. Die Kritik ist hart und aus Sicht des VCI weitgehend unberechtigt.

Hintergrund

Die Bundesoberbehörden Umweltbundesamt (UBA) und Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) haben in einem gemeinsamen Projekt Registrierungsdossiers für Stoffe ≥ 1.000 t/a überprüft, die zur ersten REACH-Registrierungsfrist im Jahr 2010 bei der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) eingereicht wurden. Ergebnisse des Projekts wurden im März 2015 im Rahmen eines Workshops und im Juni 2015 in einer ausführlicheren Dokumentation des UBA veröffentlicht sowie auch in begleitenden Pressemitteilungen und Medieninterviews. Hierbei wurde kritisiert, dass ein Großteil der Registrierungsdossiers „nicht konform mit den Anforderungen“ ist und den Unternehmen vorgeworfen, ihren gesetzlichen Verpflichtungen nicht nachzukommen. Gleichzeitig wurde bemängelt, dass die ECHA zu wenig Registrierungsdossiers überprüft, mehr Kontrollen notwendig sind und die Sanktionen nicht ausreichen.

Bewertung des VCI

Der VCI hält die im Rahmen des UBA/BfR-Projekts geäußerte Kritik an den Registrierungsdossiers für unangemessen und weitgehend ungerechtfertigt sowie die darauf basierende pauschale negative, öffentliche Diskreditierung der Unternehmen für nicht hilfreich. Die Mitgliedsunternehmen des VCI tun alles, um die zahlreichen und sehr komplexen Vorschriften und Pflichten aus der REACH-Verordnung fristgerecht und korrekt zu erfüllen.

Die Schlussfolgerungen aus dem UBA/BfR-Projekt und die Pressearbeit hierzu können im Wesentlichen aus folgenden Gründen nicht nachvollzogen werden:

  • Absichtlich unvollständig abgegebene Registrierungsdossiers sind nach Auffassung des VCI nicht akzeptabel und müssen sanktioniert werden. Die bereits vorhandenen Vorschriften zur Bewertung von Dossiers, zur Durchsetzung von Nachbesserungen sowie zur Sanktionierung von Verstößen reichen jedoch aus. In Deutschland sind sie im Chemikaliengesetz und der Chemikalien-Sanktionsverordnung geregelt.
  • Die überprüften Registrierungsdossiers stammen aus der ersten Registrierungsfrist 2010. Zu dieser Zeit befanden sich jedoch fast alle zur Registrierung notwendigen ECHA-Leitlinien sowie die einzusetzenden EDV- bzw. Software-Instrumente noch im Aufbau und sind bis heute zahlreichen Änderungen unterworfen. Im Projekt wurden jedoch die aktuellsten Versionen aus dem Jahr 2014 als Bewertungsmaßstab zugrunde gelegt. Dies führt zwangsläufig zu falschen Ergebnissen.
  • Die ECHA bescheinigt den Unternehmen in ihrem jährlichen REACH Evaluation Report (2014), dass die Qualität der Dossiers sich insgesamt verbessert hat und dass die im Rahmen der offiziellen Dossier-Bewertung festgestellten Mängel in den Registrierungsdossiers in der Regel zügig behoben werden.
  • Aktualisierungen der Registrierungsdossiers zu sicherheitsrelevanten Informationen, z. B. neue Erkenntnisse aus toxikologischen Studien, nehmen die Unternehmen sofort vor – auch ohne Aufforderung der ECHA. Bei formalen Aktualisierungen, z. B. die Anpassung an neue IT-Formate, werden im Einklang mit den gesetzlichen Vorgaben geeignete Zeitpunkte abgewartet. Dies erklärt, warum nicht alle Registrierungsdossiers, die zur Frist 2010 eingereicht wurden, schon den neuesten formalen Vorgaben entsprechen.
  • Die Vorgabe in der REACH-Verordnung, auf Tierversuche zu verzichten, wurde im UBA/BfR-Projekt unzureichend berücksichtigt. Registrierungsdossiers, die wie in REACH vorgeschrieben alternative Informationen enthielten, konnten die Bewertung „konform“ von vorneherein gar nicht erhalten. Bei der Veröffentlichung der Projektergebnisse, insbesondere in Zusammenfassungen und Pressemitteilungen, entsteht so ein völlig falsches Bild. Unter anderem aus diesem Grund ist die im Projekt vorgenommene willkürliche Bewertung der Registrierungsdossiers in „konform“, „nicht konform“ und „komplex“ insgesamt irreführend.
  • Das von UBA und BfR genutzte automatische Screening der Registrierungsdossiers mit der Hilfe von selbst entwickelten IT-Tools kann, wie leider nur am Rande in der UBA-Dokumentation vermerkt, die außerordentlich komplexen Vorgaben zur Erstellung der Registrierungsdossiers nicht ausreichend berücksichtigen. Vor diesem Hintergrund wäre eine sorgfältigere Prüfung der Registrierungsdossiers durch Experten notwendig gewesen; auch um später eine sachgerechtere Kommunikation an Medien und Öffentlichkeit sicherzustellen.
  • Um eine europaweit einheitliche Bewertung der Registrierungsdossiers zu ermöglichen, sieht die REACH-Verordnung ausdrücklich eine zentrale Dossier-Bewertung durch die ECHA vor. Separate Überprüfungen mit nicht nachvollziehbaren Verfahren und Kriterien sind nicht vorgesehen. Es besteht hierbei auch die Gefahr, dass derartige Überprüfungen einseitig zum Spielball politischer Partikularinteressen einzelner nationaler Behörden werden.

Angesichts der oben genannten Unzulänglichkeiten, aber auch wegen der Tragweite der Vorwürfe wäre es notwendig gewesen, Unternehmen, deren Registrierungsdossiers geprüft werden, von Anfang an mit in das Projekt einzubeziehen. So wäre es möglich gewesen, Missverständnisse rechtzeitig aufzuklären, einen wirksamen Lernprozess mit allen Beteiligten zu initiieren und zu einer nachvollziehbaren objektiveren Bewertung zu kommen.

Stattdessen wird die Arbeit der Unternehmen der chemischen Industrie durch eine offensichtlich unzureichende Prüfung der Registrierungsdossiers im Rahmen des UBA/BfR-Projekts sowie durch die vorschnelle und pauschal negative Kommunikation mit weitgehend ungerechtfertigten Vorwürfen in der Öffentlichkeit diskreditiert.

Die ausführliche VCI-Stellungnahme mit einem Umfang von 11 Seiten ist im Kopf dieser Seite als Download erhältlich (sog. "Langfassung").

Kontakt

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 Ulrike Zimmer

Kontaktperson

Ulrike Zimmer

Bereichsleitung Wissenschaft, Technik und Umwelt, Geschäftsführung Fonds der Chemischen Industrie (FCI)