VCI-Position kompakt

Menschenrechte in der Lieferkette

02. Februar 2024 | Position

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2021 wurde das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) verabschiedet: Unternehmen sind angehalten, menschenrechtliche und umweltbezogene Risiken in ihren Lieferketten zu bewerten.

Für Unternehmen mit mindestens 3.000 Beschäftigten gilt dies seit Januar 2023, für Unternehmen mit 1.000 Beschäftigten seit Januar 2024.

In Brüssel wird derzeit ein Vorschlag für eine europäische Lieferkettenrichtlinie verhandelt, die deutlich über das deutsche LkSG hinausginge. Dies betrifft den Umfang der Sorgfaltspflichten, die signifikant erweitert werden sollen. Außerdem ist – anders als im deutschen Gesetz – eine zivilrechtliche Haftung der Unternehmen vorgesehen, die unter bestimmten Voraussetzungen auch bei Pflichtverletzungen indirekter Geschäftspartner greifen soll. Darüber hinaus sollen die Sorgfaltspflichten nicht nur für die Lieferkette („upstream“), sondern auch für einige nachgelagerte Tätigkeiten („downstream“) gelten.

Praktikable Regelungen notwendig

Der Trilog zwischen EU-Kommission, Rat und Europäischem Parlament ist auf der Zielgeraden. Wichtig sind praktikable Regelungen. Dies gilt vor allem für mittelständische Unternehmen, die oft nicht über die notwendigen Ressourcen verfügen oder denen die Möglichkeiten fehlen, um alle Anforderungen zu erfüllen. Der im Rahmen des Trilogs im Dezember 2023 gefundene vorläufige Kompromiss steht im Widerspruch zum Koalitionsvertrag der Bundesregierung und der Protokollerklärung zur Allgemeinen Ausrichtung des Rats. Die Zustimmung der Bundesregierung ist ungewiss.

Großes Engagement in Chemie und Pharma

Die deutschen Chemie- und Pharmaunternehmen sind sich ihrer gesellschaftlichen Verantwortung bewusst und arbeiten intensiv daran, ihr Lieferkettenmanagement auszubauen und weiter zu verbessern.

Standards der Initiative „Together for Sustainability“ und der Pharmaceutical Supply Chain-Initiative sowie der Chemie³-Branchenstandard für nachhaltige Wertschöpfung unterstreichen das verantwortungsbewusste Handeln der Branche. Standards wie diese sollten daher in Form von sogenannten Safe-Harbour-Regelungen mit einem reduzierten Haftungsmaßstab anerkannt werden.

DAFÜR SETZT SICH DER VCI EIN

  • Keine zivilrechtliche Haftung – Risiko einer weltweiten Klageindustrie vermeiden
    Ein neues weltweites Klagerecht ginge weit über das deutsche Lieferkettengesetz hinaus. Streit über Sorgfaltspflichten im Ausland muss vor den dort zuständigen Gerichten beigelegt werden. Andernfalls droht eine weltweite Klageindustrie zulasten hiesiger Unternehmen. Insofern ist es zu begrüßen, dass im deutschen Lieferkettengesetz eine zivilrechtliche Haftung bisher nicht aufgenommen wurde.
  • Regelmäßigen sachlichen Anwendungsbereichs auf unmittelbare Zulieferer begrenzen
    Die Sorgfaltspflichten sollten grundsätzlich auf unmittelbare Zulieferer („Tier-1“ in der Lieferkette) begrenzt werden statt die gesamte Wertschöpfungskette („up- und downstream“) gesetzlich einzubeziehen. Bei mittelbaren Zulieferern sollten nur dann Sorgfaltspflichten gelten, wenn das Unternehmen Kenntnis von einem menschenrechts- oder umweltbezogenen Verstoß hat.
  • Risikobasierten Ansatz wählen
    Den Unternehmen sollte eine risikobasierte Priorisierung von tatsächlichen und potenziellen Verstößen explizit erlaubt sein. Dies muss sowohl hinsichtlich der Sorgfaltspflichten als auch in Form einer entsprechenden Haftungserleichterung konkreter gefasst werden.
  • Kein übereilter Kompromiss
    Statt vor dem Hintergrund der ablaufenden EU-Legislaturperiode einem übereilten Kompromiss zuzustimmen, sollte sich die Bundesregierung im Rat für eine ausgereifte und vor allem ausgewogene Richtlinie einsetzen.

Kontakt

Für Fragen und Anregungen nehmen Sie gerne Kontakt mit uns auf.

Dr. Tobias Brouwer

Kontaktperson

Dr. Tobias Brouwer

Abteilungsleitung Recht und Steuern, Compliance, Unternehmens- und Verbandsrecht