VCI-Position kompakt

Innovationsanreize für Chemie und Pharma

24. September 2024 | Position

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Deutschlands Chemie- und Pharmaindustrie steht unter doppeltem Handlungsdruck: Sie muss sich im weltweit steigenden Wettbewerb behaupten und ihr Know-how einsetzen, um Antworten auf die großen gesellschaftlichen und ökologischen Herausforderungen zu finden.

Dem stellt sich die Branche: Rund 15,5 Milliarden Euro investierte sie 2023 in Forschung und Entwicklung, davon 9,9 Milliarden in Pharma. Allein kann sie den Standort allerdings nicht an der Weltspitze halten: Die Unternehmen brauchen auch politische Rückendeckung.

Innovationsanreize setzen

Wichtige Schlüsseltechnologien über Wertschöpfungsketten hinweg, wie Wasserstofferzeugung und -nutzung, chemisches Recycling, Biotechnologie, Energiespeicherung und Digitalisierung, müssen anerkannt und gefördert werden. Dafür sollten nationale und EU-Förderprogramme sowie Wachstumsfonds bereitgestellt werden. Start-ups sind die Innovationsträger von morgen und brauchen besonderes Augenmerk. Wirtschaft und Staat sollten 3,5 Prozent des BIP in Forschung und Entwicklung investieren. Gut und richtig ist auch die geplante Erhöhung der steuerlichen Forschungszulage von 10 Millionen auf 12 Millionen, die Ausweitung der Bemessungsgrundlage von Personal- auf Sachkosten und die Anhebung des Fördersatzes für kleine und mittlere Unternehmen von 25 auf 35 Prozent.

Entwicklung bis zur Marktreife wird behindert

Deutschland weist zwar qualitativ eine innovationsstarke Pharma-Unternehmenslandschaft auf, doch gemessen an den Forschungsausgaben wächst der Abstand zu den USA stetig. Handicaps sind hierzulande vor allem Verzögerungen bei der Umsetzung medizinischer Grundlagenergebnisse in konkrete Therapieentwicklung, fehlender Zugang zu Gesundheitsdaten aus der Bevölkerung sowie überlange Verhandlungszeiten zwischen Unternehmen und Kliniken vor gemeinsamen Arzneimittelstudien. Doch wer wettbewerbsfähig sein will, muss aus Forschungsergebnissen möglichst schnell marktreife Produkte machen können, die angemessen vergütet werden. Auch hier hat sich Deutschland mit einer Spargesetzgebung, die den Marktzugang hemmt, in den vergangenen Jahren in die falsche Richtung entwickelt. Das Gesundheitsdatennutzungsgesetz und das im Oktober zur Verabschiedung anstehende Medizinforschungsgesetz können dazu beitragen, einige dieser Handicaps abzubauen, doch müssen weitere Verbesserungen dazu kommen. Eine gute Innovationspolitik schafft gute Rahmenbedingungen für Forschung und Entwicklung – und für die Vermarktung.

DAFÜR SETZT SICH DER VCI EIN

  • Innovationen fördern, Wachstumskapital mobilisieren
    Zur Unterstützung bis zur Marktreife bedarf es der Mobilisierung von Wagniskapital und weiterer Finanzinstrumente mit langfristigem Finanzierungshorizont. Die Forschungszulage ist praxisgerecht umzusetzen.
  • Richtiger Rahmen und gutes Innovationsumfeld notwendig
    Beim Zugang zu anonymen Gesundheitsdaten für die private Forschung muss nach der juristischen Freigabe nun auch der faktische Zugang realisiert werden. Der Schutz geistigen Eigentums muss – auch in der EU – gewährleistet sein, unter anderem durch angemessene Patentverwertungszeiten und EU-einheitliche ergänzende Schutzzertifikate. Vor allem aber sind nachvollziehbare Erstattungsbedingungen für Arzneimittel nötig: Wenn systemwidrige Regeln wie die den Verhandlungsspielraum beschränkenden Leitplanken in der Nutzenbewertung wieder aufgehoben werden, kann die Pharmastrategie der Bundesregierung erfolgreich sein. Forschung gedeiht unter anderem bei Technologieoffenheit sowie schnellen und rechtssicheren Planungs- und Genehmigungsverfahren. Zudem bedarf es einer hohen Agilität der Förderprogramme sowie der Anpassung der Beihilferegelungen für Forschung und Entwicklung sowie im Bereich von Transformationsprojekten. Zu einem guten Innovationsumfeld gehören auch bessere Bedingungen für naturwissenschaftliche Bildung.
  • Förderprogramme für die Industrie
    Es sollte wieder mehr Geld in Projekte mit der Industrie fließen. Wichtig sind ausreichend finanzierte und technologieoffene Förderprogramme über alle technologischen Reifegerade hinweg, die flexibel sind und agil ausgebaut werden können. Dazu zählen auch Reallabore. Forschungskooperationen sind durch unbürokratische Ausschreibungen und eine Steigerung der Fördereffektivität und -effizienz voranzutreiben, mit verbesserten Zugangsmöglichkeiten für Mittelständler und Start-ups.

Kontakt

Für Fragen und Anregungen nehmen Sie gerne Kontakt mit uns auf.

Dr. Martin Reuter

Dr. Martin Reuter

Energie- und Materialforschung, Forschungs- und Technologiepolitik