28. April 2025 | Bericht
Umsetzung der Ökodesign-Verordnung wird konkret: Was Unternehmen jetzt wissen sollten.

Mit der neuen Ökodesign-Verordnung für nachhaltige Produkte (ESPR – Ecodesign for Sustainable Products Regulation) stellt die Europäische Union die Weichen für ressourcenschonende Produkte und transparente Lieferketten. Ebenfalls verpflichtend vorgesehen ist ein Digitaler Produktpass (DPP), der zentrale Informationen über die jeweilige Ware entlang der Wertschöpfungskette bereitstellt. Seit Juli 2024 in Kraft, nimmt die Umsetzung nun mit der Formierung einer Gruppe von Sachverständigen, dem sogenannten „Ökodesign-Forum“, sowie mit der Veröffentlichung des ersten Arbeitsplans im April 2025 konkrete Formen an. Was Unternehmen jetzt wissen sollten – ein Überblick zu Zielen, Zeitplan und Mitwirkungsmöglichkeiten.
Was steht im ersten Arbeitsplan?
Der erste ESPR-Arbeitsplan für die Jahre 2025 bis 2030 wurde am 16. April 2025 veröffentlicht ( hier geht es zur EUR-Lex-Seite der EU mit dem vollständigenText ). Er legt fest, welche Produktgruppen in den kommenden Jahren priorisiert behandelt werden sollen. Zu den priorisierten Endprodukten gehören unter anderem Textilien, Möbel, Reifen und Matratzen. Für Produkte der Informations- und Kommunikationstechnologie – wie Smartphones oder Laptops – sind zunächst horizontale Anforderungen vorgesehen, die produkttypübergreifend gelten sollen. Als Beispiele seien hier Haltbarkeit, Recyclingfähigkeit oder der Recyclinganteil genannt.
Bei den Zwischenprodukten liegt der Fokus zunächst auf Stahl und Aluminium. Diese Materialien wurden aufgrund ihrer aus Sicht der EU-Kommission besonders hohen Umweltwirkung ausgewählt und stehen im Mittelpunkt der ökologischen Optimierung.
Nicht in den ersten Arbeitsplan aufgenommen wurden Produktgruppen wie Schuhe, Reinigungsmittel, Farben oder Schmierstoffe. Sie gelten derzeit als weniger dringlich, sind jedoch weiterhin für eine spätere Einbeziehung vorgesehen.
Die Europäische Kommission hat erkannt, dass die Produktgruppe Chemikalien mit besonderen Herausforderungen verbunden ist. Daher hat sie von ihrem ursprünglichen Vorhaben Abstand genommen, Chemikalien als prioritäre Produktgruppe auszuwählen. Aufgrund der Komplexität der Lieferketten und der vielfältigen Einsatzbereiche wurde entschieden, zunächst eine begleitende Studie in Auftrag zu geben. Startpunkt der Studie soll Ende 2025 sein. Ziel dieser Untersuchung ist, einen potenziellen Regulierungsbedarf und mögliche Ansätze für delegierte Rechtsakte genauer zu bewerten.
Wie läuft die Umsetzung?
Um die Umsetzung zu unterstützen, wurde im Januar 2025 das Ökodesign-Forum auf EU-Ebene eingerichtet. Es setzt sich aus europäischen Industrie- und Wirtschaftsverbänden, Vertretungen der EU-Mitgliedstaaten, Nichtregierungsorganisationen und Forschungseinrichtungen zusammen. Das Forum begleitete bisher beratend die Ausarbeitung des ersten Arbeitsplans und wird zukünftig bei der Entwicklung der delegierten Rechtsakte der Kommission unterstützend zur Seite stehen. Nationale Industrie- oder Wirtschaftsverbände, so auch der VCI, haben keinen Platz im Forum, stehen aber teilweise auf einer Art Reserveliste und werden bei spezifischen Fragestellungen zu Rate gezogen.
Wie kann die chemische Industrie mitgestalten?
Aufgrund ihrer Produktvielfalt wird die chemische Industrie sowohl durch die Regulierung von Inhaltsstoffen als auch über Ökodesignanforderungen an Endprodukte von den Auswirkungen der ESPR stark betroffen sein. Daher ist es umso wichtiger, von Beginn an dabei zu sein. In Deutschland nimmt die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) hierfür eine zentrale Rolle ein. Sie ist beratende Behörde des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK), das Deutschland im Ökodesign-Forum vertritt.
Als gesetzlich zuständige Stelle für Ökodesign und Energieverbrauchskennzeichnung in Deutschland organisiert die BAM regelmäßig sogenannte Beraterkreise, um allen nationalen Interessengruppen die Möglichkeit zur Mitwirkung zu geben, wenn auf europäischer Ebene neue Regelungsentwürfe zu ESPR-Produktgruppen diskutiert werden. Der VCI ist Teil des Beraterkreises.
Weiterhin bringt sich der VCI über den europäischen Dachverband Cefic in die Diskussionen ein. Cefic ist im Ökodesign-Forum vertreten und spiegelt die Arbeiten des Forums in seinen relevanten Gremien.
Wie geht es weiter?
Die Umsetzung der ESPR steht erst am Anfang – viele Fragen, insbesondere zur Behandlung chemischer Produkte und zum Digitalen Produktpass, sind noch offen. Einige Vorstudien sind bereits gestartet und geben Einblicke, was bei nachfolgenden Produktgruppen zu erwarten ist. Der VCI begleitet die Prozesse eng und bringt die Perspektive der chemischen Industrie auf europäischer und nationaler Ebene ein. Wir halten Sie über weitere Entwicklungen auf dem Laufenden.
Was ist die ESPR?
Die Ökodesign-Verordnung für nachhaltige Produkte (ESPR) ist im Juli 2024 in Kraft getreten. Sie schafft einen umfassenden Rechtsrahmen für das Ökodesign nahezu aller physischen Produkte auf dem EU-Binnenmarkt. Anstelle einzelner Produktvorschriften legt die Verordnung künftig produktspezifische Nachhaltigkeitsanforderungen über sogenannte delegierte Rechtsakte fest. Für jede Produktgruppe werden darin relevante Kriterien definiert – beispielsweise Energieeffizienz, Reparierbarkeit, Haltbarkeit oder Recyclingfähigkeit. Ebenfalls verpflichtend vorgesehen ist ein Digitaler Produktpass (DPP), der zentrale Informationen über die jeweilige Ware entlang der Lieferkette bereitstellt.
Und der Digitale Produktpass?
Der Digitale Produktpass (DPP) ist ein zentrales Instrument der ESPR und ist für alle Produktgruppen im Scope der ESPR verpflichtend. Die EU-Kommission möchte hiermit entlang der Wertschöpfungskette Transparenz über die ökologischen und technischen Eigenschaften eines Produkts schaffen – von der Herstellung über die Nutzung bis hin zur Entsorgung oder Wiederverwendung.
Der DPP soll standardisierte Informationen enthalten, darunter Angaben zu Materialien, Energieeffizienz, Reparierbarkeit, Haltbarkeit sowie dem CO₂-Fußabdruck. Diese Daten werden in digitaler Form bereitgestellt, üblicherweise über maschinenlesbare Formate wie QR-Codes oder andere digitale Schnittstellen. Der DPP ist darauf ausgelegt, verschiedenen Akteuren wie Herstellern, Händlern, Verbrauchern oder Recyclingspezialisten zugänglich gemacht zu werden.
Für Unternehmen bringt der Produktpass neue Anforderungen und auch Herausforderungen in Bezug auf Datenerhebung, -pflege und -bereitstellung mit sich. Bei entsprechender Umsetzung eröffnet er aber auch Chancen für effizientere Lieferketten, bessere Nachverfolgbarkeit und innovative Geschäftsmodelle im Bereich der Kreislaufwirtschaft.
Die konkreten inhaltlichen Anforderungen an den DPP werden in den jeweiligen delegierten Rechtsakten festgelegt und damit produktspezifisch ausgestaltet.
- Pressemitteilung der Europäischen Kommission vom 16.04.2025 zur Annahme des Arbeitsplans 2025 bis 2030 zur Umsetzung der ESPR
- Informationen des “Product Bureau” der Europäischen Kommission zu den Produktgruppen
- Informationen der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung zu den Produktgruppen der ESPR
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Martina Schönnenbeck
Lebensmittelzusatzstoffe, Responsible Care, Sustainable Consumption and Production
- E-Mail: schoennenbeck@vci.de