EU-Entwaldungsverordnung

Zwischen Anspruch und Umsetzung

05. November 2025 | Position

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Die EU-Entwaldungsverordnung braucht klare Regeln und realistische Fristen – sonst drohen Chaos und Risiken.

Palmölproduktion im Fokus: Die EU-Entwaldungsverordnung soll den Import entwaldungsfreier Rohstoffe sichern. © ThKatz/Fotolia.com
Palmölproduktion im Fokus: Die EU-Entwaldungsverordnung soll den Import entwaldungsfreier Rohstoffe sichern. © ThKatz/Fotolia.com

Mit der EU-Entwaldungsverordnung (EUDR) verfolgt die Europäische Union das Ziel, Produkte, die mit Entwaldung oder Waldschädigung in Verbindung stehen, vom europäischen Binnenmarkt auszuschließen. Betroffen sind Rohstoffe wie Soja, Palmöl, Holz, Kaffee, Kakao, Rinderprodukte und Kautschuk sowie zahlreiche daraus hergestellte Erzeugnisse. Unternehmen, die diese Produkte importieren oder in Verkehr bringen, müssen ab dem 30.12.2025 nachweisen, dass sie nicht aus entwaldeten Gebieten stammen und unter Einhaltung der geltenden Rechtsvorschriften produziert wurden – inklusive Geolokalisierungsdaten und umfassender Dokumentation entlang der Lieferkette.

Die Verordnung stellt damit hohe Anforderungen an Rückverfolgbarkeit, Datenverfügbarkeit und IT-Systeme – und betrifft in seiner aktuellen Form nicht nur die direkt importierenden Unternehmen, sondern auch nachgelagerte Akteure in komplexen Wertschöpfungsketten.

Warum wurde die EUDR ursprünglich verschoben?

Die Gründe für die erste Verschiebung der EU-Entwaldungsverordnung liegen in strukturellen Herausforderungen, die bereits bei ihrer Einführung deutlich wurden. Die ambitionierten Anforderungen der Verordnung – insbesondere in Bezug auf Rückverfolgbarkeit, Geolokalisierungsdaten und umfassende Dokumentationspflichten – stießen früh auf praktische Grenzen.

In vielen Herkunftsländern fehlen digitale Flächenerfassungen, oder es bestehen rechtliche und technische Hürden bei der Datenübermittlung. Auch die Auslegung zentraler Begriffe sowie die Abgrenzung des Produktumfangs blieben lange unklar – etwa bei Zwischenprodukten, Mustern oder Druckerzeugnissen. Hinzu kam, dass die dringend benötigten FAQ-Dokumente der Kommission, die zentrale Fragen zur praktischen Umsetzung beantworten sollten, erst sehr spät veröffentlicht wurden – teilweise nur wenige Monate vor dem geplanten Inkrafttreten.

Unternehmen hatten zu diesem Zeitpunkt bereits erhebliche Investitionen getätigt und ihre Systeme auf eine Rechtslage ausgerichtet, die noch nicht vollständig definiert war. Die erste Verschiebung sollte daher Raum schaffen für Klarstellungen und eine praxisgerechte Umsetzung.

Was ist das aktuelle Problem?

Trotz der Erkenntnisse aus der ersten Verschiebung hat sich bis zum zweiten Quartal 2025 nur wenig bewegt. Erst mit dem überraschenden Brief von Jessika Roswall Ende September kam Bewegung in die Diskussion: Darin wurde eine weitere Verschiebung der EUDR ins Spiel gebracht – ein Signal, dass die politischen und praktischen Herausforderungen erkannt wurden. Doch statt einer echten Fristverlängerung folgte ein Kommissionsvorschlag am 21.10.2025, der keine Verschiebung für große und mittlere Unternehmen vorsieht, sondern kurzfristig weitreichende Änderungen am Gesetzestext einführt ( Pressemitteilung ).

Es ist ein wichtiges Signal, dass die Europäische Kommission die Notwendigkeit erkannt hat, die EU-Entwaldungsverordnung (EUDR) inhaltlich zu überarbeiten. Die Idee, die Verantwortung klar beim Erstinverkehrbringer zu verorten, ist ein pragmatischer Ansatz, der zur Entlastung der nachgelagerten Lieferkette beitragen kann

Dennoch bleibt der aktuelle Vorschlag hinter den Erwartungen zurück. Zwar werden Downstream Operatoren von der Haftung für Compliance freigestellt, doch die Pflicht zur Weitergabe von Referenznummern entlang der gesamten Verarbeitungskette bleibt bestehen. Dies führt zu einem immer länger werdenden Informationsstrang und verursacht erheblichen IT- und Prozessaufwand – insbesondere bei komplexen Lieferketten mit mehreren Verarbeitungsschritten.

Unternehmen stehen nun vor einer paradoxen Situation: Sie haben ihre Systeme auf eine bestehende Rechtslage ausgerichtet, die kurzfristig verändert werden kann – ohne klare Leitplanken, mit einem vagen Testzeitraum und ohne realistische Umsetzungsfristen.

Diese Vorgehensweise verstärkt das politische Vakuum rund um die EUDR und gefährdet die dringend benötigte Planungssicherheit und Investitionsstabilität.

Wie kann man das Problem jetzt lösen?

Um Vertrauen in den europäischen Rechtsrahmen wiederherzustellen und eine praktikable Umsetzung der EUDR zu ermöglichen, braucht es jetzt ein klares und strukturiertes Vorgehen:

  • Stop the Clock: Der aktuelle Zeitplan muss sofort ausgesetzt werden, um regulatorisches Chaos und wirtschaftliche Schäden zu vermeiden.
  • Gesetz gezielt überarbeiten: Die EUDR muss inhaltlich angepasst werden – insbesondere hinsichtlich der Verantwortlichkeiten, der Datenanforderungen und der operativen Umsetzbarkeit. Die notwendigen Änderungen sollten im Rahmen eines Omnibus-Gesetzgebungsverfahrens 2026 erfolgen, um eine rechtssichere und abgestimmte Lösung zu schaffen.
  • Realistische Fristen setzen: Nach Finalisierung des überarbeiteten Rechtsrahmens braucht es mindestens 12 Monate Implementierungszeit, gefolgt von einer rechtssicheren 6-monatigen Grace Period, in der Unternehmen sanktionsfrei ihre Prozesse unter Realbedingungen testen können.

Nur durch diesen strukturierten Ansatz kann die EUDR ihre ökologischen und sozialen Ziele erreichen, ohne die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie zu gefährden.

Kontakt

Für Fragen und Anregungen nehmen Sie gerne Kontakt mit uns auf.

Dr. Wadim Weber

Dr. Wadim Weber

Rohstoffe, Zirkuläre Wirtschaft