30. September 2025 | Position
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VCI-Konsultationsbeitrag: Roadmap towards Nature Credits
PDF | 219 kB | Stand: 30. September 2025
Naturschutz braucht Mittel, aber keine neue Bürokratie.
Die Europäische Kommission will mit Naturgutschriften (Nature Credits) den Schutz, die Wiederherstellung und die nachhaltige Nutzung der biologischen Vielfalt fördern. Nature Credits sollen öffentliche Mittel durch private Finanzierung ergänzen. Analog zum CO₂-Zertifikatehandel würden künftig auch ökologische Leistungen wie Renaturierung, Aufforstung oder Habitatpflege zertifiziert und handelbar gemacht.
Naturschutz braucht Mittel
Wir erkennen die Notwendigkeit an, Finanzmittel für den Schutz und die Wiederherstellung der biologischen Vielfalt zu mobilisieren. Die chemische, pharmazeutische und biotechnische Industrie hat größtes Interesse an einer intakten Natur als Grundlage für viele wirtschaftliche Tätigkeiten und Innovationen, z. B. Zugang zu nachwachsenden Rohstoffen oder genetischen und biologischen Ressourcen. Daher setzen wir uns für den Schutz der biologischen Vielfalt und die nachhaltige Nutzung der Natur ein.
Ökosystem von integrierten Regelungen ist nötig
Es bestehen bereits umfangreiche Regelungen, die zu Schutz, Wiederherstellung und nachhaltiger Nutzung der Biodiversität sowie zur Schaffung von Transparenz und Lenkung von Finanzmitteln beitragen. Dabei stellt sich stets die zentrale Frage: Was erreichen wir damit konkret für die Natur und in welchem Verhältnis stehen die Erfolge zum Aufwand?
Aus standort- und wirtschaftspolitischer Sicht sowie unter Berücksichtigung der Belange des Mittelstandes und unter dem Aspekt des Bürokratieabbaus können wir einen zusätzlichen bürokratischen Aufwand nicht akzeptieren. Vielmehr ist ein schlüssiges Gesamtpaket nötig, das nationale, europäische und internationale Bestrebungen zusammenbringt:
- In Deutschland bestehen u.a. Regelungen nach dem Bundesnaturschutzgesetz (Eingriffsregelung und Ökokonto-Verordnung).
- Auf EU-Ebene laufen Gesetzgebungen zur Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), EU-Taxonomie, Nature Restoration Law und EU Deforestation Regulation.
- Auf internationaler Ebene sind Verpflichtungen aus dem Nagoya-Protokoll und bezüglich Digitaler Sequenzinformationen (DSI) zu beachten. Weiterhin ist die internationale Einbettung im Rahmen des Global Biodiversity Frameworks (GBF) der Convention on Biological Diversity (CBD) mitzudenken. Hier muss internationales Vertrauen geschaffen und gepflegt werden, anstelle europäischer Alleingänge. Die Roadmap bezieht die Rechte und Belange indigener Völker ein und verweist damit auf die Notwendigkeit einer kohärenten globalen Governance für Nature Credits und ihre Einbettung in internationale Wertschöpfungsketten.
Doppelinformationen und -monitoring leisten keinen Mehrwert, schaffen jedoch zusätzlichen Arbeitsaufwand und Bürokratie. Es sollte vorrangig geprüft werden, inwieweit bestehende Regelwerke verbessert und miteinander verzahnt werden können, bevor neue Instrumente eingeführt werden. Die in der Mitteilung vorgesehene Entlehnung der Methoden aus der EU-Verordnung über CO₂-Entnahmen erscheint sinnvoll (Kapitel 4.2.1), wenngleich diese noch nicht final vorliegen. Auch der Vollzug ist entsprechend zu stärken. Ein kohärentes System zur Umsetzung bestehender Mechanismen ist entscheidend, um Verlässlichkeit, Planbarkeit und internationale Wettbewerbsfähigkeit für Unternehmen zu gewährleisten.
Klare Regelungen und Anreize für Unternehmen sind unverzichtbar
Für eine erfolgreiche Umsetzung der vorhandenen (und eventueller neuer) Instrumente braucht es klare Regelungen und Definitionen. Aktuell sehen wir noch zahlreiche offene Fragen. Im Kontext der Roadmap towards Nature Credits empfehlen sich eine Machbarkeitsanalyse (u. a. bzgl. des Zertifizierungssystems, einer Plattform zum Handel der Credits und einer Kostenschätzung) und Marktanalyse (u. a. Erfahrungswerte bestehender Systeme wie Biodiversity Credits). Bei freiwilligen Ansätzen sind auch die Erkenntnisse aus dem Handel mit Emissionszertifikaten zu beachten, wo weiterhin Unklarheiten bezüglich der Qualitätskriterien Zusätzlichkeit, Dauerhaftigkeit, Quantifizierung und Vermeidung von Doppelzählungen bestehen. Biodiversität und die Natur insgesamt sind nochmals wesentlich komplexer abzubilden.
Um das Ökosystem der Regelungen und Finanzströme für die Natur zu stimulieren, sind weniger regulatorische Zwänge und mehr Markt- und Finanzanreize für Unternehmen wünschenswert. Die Inhalte und Herausforderungen sind komplex. Ziel muss jedoch ein einfaches und praxistaugliches System für Unternehmen, Investoren sowie Behörden zur Lenkung der Finanzmittel für den Schutz und die nachhaltige Nutzung der Natur sein.
Wirtschaftliche Expertise im Dialog unterstützt praxisnahe Lösungen
Wir treten gerne in den Dialog ein, wie die bestehenden Instrumente zielführend genutzt werden können. Alle Instrumente müssen einen wirksamen Beitrag zur Zielerreichung leisten, verhältnismäßig und umsetzbar sein sowie auf ihrer Praxistauglichkeit hin überprüft werden.
Kontakt
Für Fragen und Anregungen nehmen Sie gerne Kontakt mit uns auf.
Dipl.-Geogr. Anne Armbruster
Nachhaltigkeit, Initiative Chemie³, Biodiverstität
- E-Mail: anne.armbruster@vci.de