EU will hormonstörende Stoffe stärker regulieren

Chemikalienstrategie im Detail

05. März 2021 | Bericht

Die EU-Kommission möchte schon seit längerem mehr für den Schutz von Umwelt und Gesundheit vor sogenannten „endokrinen Disruptoren“ tun. Dabei handelt es sich um Stoffe, die das Hormonsystem von Menschen und Tieren stören können. In ihrer „Chemikalienstrategie für Nachhaltigkeit“ von Oktober 2020 hat die Behörde dafür verschiedene Maßnahmen angekündigt. Die Umsetzung beginnt voraussichtlich Ende 2021 mit einem Änderungsvorschlag für die CLP-Verordnung. Die Änderung der REACH-Verordnung ist für 2022 vorgesehen.

Die Einstufung und Kennzeichnung von Chemikalien ist in der CLP-Verordnung geregelt, die ihrerseits das international gültige „Globally Harmonized System“ (GHS) der Vereinten Nationen umsetzt. - Bild: © Gina Sander - stock.adobe.com
Die Einstufung und Kennzeichnung von Chemikalien ist in der CLP-Verordnung geregelt, die ihrerseits das international gültige „Globally Harmonized System“ (GHS) der Vereinten Nationen umsetzt. - Bild: © Gina Sander - stock.adobe.com

Zusammen mit ihrer Chemikalienstrategie für Nachhaltigkeit hat die EU-Kommission vergangenes Jahr einen Fitness-Check für endokrine Disruptoren veröffentlicht. Damit will sie den Bedenken verschiedener Interessengruppen an der bestehenden Regulierung dieser Stoffe Rechnung tragen. Diese haben auf den Abstimmungsbedarf für wissenschaftliche Kriterien zur Identifizierung dieser Stoffe hingewiesen, die unter REACH sowie im Biozid- und Pflanzenschutzrecht gleichermaßen berücksichtigt werden können.

Ein Schwerpunkt der Chemikalienstrategie liegt auf der Stärkung des EU-Rechtsrahmens zur Bewältigung dringender Umwelt- und Gesundheitsprobleme. Außerdem will die Behörde Verbraucher, gefährdete Personengruppen und Arbeitnehmer noch mehr als bisher vor schädlichen Chemikalien schützen. Besondere Aufmerksamkeit benötigen aus ihrer Sicht Chemikalien mit endokriner Wirkung.

Geplante Maßnahmen

  • In die CLP-Verordnung sollen neue Gefahrenklassen für endokrine Disruptoren, PBT/vPvB sowie persistente und mobile Stoffe und deren Anwendung eingeführt werden.
  • Außerdem soll die Verwendung von endokrinen Disruptoren in Verbraucherprodukten im Schnellverfahren ohne Risikobewertung und öffentliche Konsultation beschränkt werden.
  • Die Stoffe sollen künftig als eine Kategorie von besonders besorgniserregenden Stoffen (SVHC) gelten, um Arbeitnehmer in der EU besser zu schützen.
  • Unternehmen sollen künftig auch mehr Stoffdaten erheben, um endokrine Disruptoren besser identifizieren zu können. Dafür sollen die REACH-Verordnung und die Rechtsvorschriften für kosmetische Mittel, Lebensmittelkontaktmaterialien, Pflanzenschutzmittel und Biozidprodukte geändert werden.
  • Schließlich soll die Entwicklung von Methoden für das Screening und die Prüfung von Stoffen auf endokrine schädigende Eigenschaften beschleunigt werden.

Praktikable Regelungen nötig

Das Thema endokrine Disruptoren hat für die verschiedenen Sektoren der chemisch-pharmazeutischen Industrie große Relevanz. Es ist daher aus Sicht der Branche wichtig, einen angemessenen und wissenschaftlichen Ansatz zur Identifizierung und Bewertung solcher Stoffe zu erarbeiten, der in allen Rechtsvorschriften gleichermaßen angewendet werden kann und auch Tierschutzaspekte berücksichtigt.

Dafür hat der VCI abgestufte Konzepte für die Erhebung von Daten über endokrine Eigenschaften von Stoffen und deren Bewertung im Rahmen von REACH entwickelt. Unsere Expertinnen und Experten bringen diese in die Diskussion auf nationaler und europäischer Ebene ein.

Ein wichtiger Baustein in diesem Zusammenhang ist die Erarbeitung wissenschaftlich ermittelter Grenzwerte, bei deren Einhaltung eine sichere Verwendung möglich ist. Für die Gewinnung von Informationen zu endokrinen Disruptoren ist es wichtig, dass standardisierte Methoden für das Screening und die Prüfung von Stoffen angewendet werden, die reproduzierbare Ergebnisse liefern und Unsicherheiten verhindern. Deshalb unterstützen wir die Weiterentwicklung solcher Methoden, um die Besonderheiten bei endokrinen Wirkungen zu berücksichtigen.

Europäische Alleingänge nicht sinnvoll

Die Einstufung und Kennzeichnung von Chemikalien ist in der CLP-Verordnung geregelt, die ihrerseits das international gültige „Globally Harmonized System“ (GHS) der Vereinten Nationen umsetzt. Sollte die EU nun im Rahmen der Chemikalienstrategie Kategorien zur Kennzeichnung einführen, die nicht im GHS existieren, wäre das nicht hilfreich. Eine separate europäische Klassifizierung von endokrinen Disruptoren im Rahmen der CLP-Verordnung würde vielmehr das global einheitliche Vorgehen bei der Einstufung und Kennzeichnung von Chemikalien in Frage stellen.

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Dr. Claudia Drucker

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Dr. Claudia Drucker

Endokrine Effekte, Ökotoxikologie, Toxikologie