VCI-Position kompakt

Clean Industrial Deal der EU

06. August 2025 | Position

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Die ökologische Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft ist unumgänglich, und die chemisch-pharmazeutische Industrie unterstützt das Ziel der Treibhausgasneutralität. Doch eine Transformation, die den Industriestandort und dessen Wettbewerbsfähigkeit gefährdet, wird weltweit keine Nachahmer finden.

Mit dem „Green Deal“ sollte Europa bis 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent gemacht werden – leider mit zum Teil überambitionierten Plänen, die den internationalen Wettbewerbsdruck zu stark vernachlässigten, und mit in der Unternehmenspraxis kaum auflösbaren Zielkonflikten.

Kommt endlich das industriepolitische Revival?

Die nun im „Clean Industrial Deal“ deutlich angepassten Pläne senden positive Signale: So wurde das klare Ziel formuliert, die Energiepreise wettbewerbsfähig zu gestalten, und einen Teil der überbordenden Bürokratie in einem „Omnibus“-Verfahren zu reduzieren. Zudem wurde angekündigt, den Affordable Energy Action Plan bereits 2025 um gezielte industriepolitische Fördermaßnahmen zu erweitern, um kurzfristige Entlastung zu schaffen. Vorhaben wie diese sind unerlässlich, damit Europa – und damit alle Werte, die hier vertreten werden – als Vorbild und vor allem als Partner und Wettbewerber auf Augenhöhe anerkannt wird. Mit ihrem Industrial Deal setzt die EU-Kommission ein klares Zeichen, dass die Industrie stärker als bisher unterstützt werden muss. Insbesondere für deren Transformation braucht es eine sichere und bezahlbare Energieversorgung sowie langfristig stabile sowie wissenschaftlich begründete und rechtssichere

Planungsgrundlagen und -verfahren. Wichtig ist nun jedoch, dass entsprechende politische Maßnahmen folgen. Die ersten, wie beispielsweise der Affordable Energy Action Plan, zeigen bereits ein altbekanntes Problem: Zwar ist die Dringlichkeit zu niedrigeren Energiepreisen klar formuliert, mit den vorgeschlagenen Maßnahmen werden diese jedoch nicht erreicht. Trotz der nun beschlossenen Ergänzungen – etwa zum schnelleren Netzausbau und zu temporären Abgabensenkungen – bleibt die Wirkung auf die tatsächlichen Industriestrompreise bislang begrenzt. Die weiterhin ambitionierten EU-Ziele sollten mit wenigen und aufeinander abgestimmten, technologieoffenen, international eingebetteten und unbürokratischen Regelungen angegangen werden. Die effektive Implementierung des Prinzips „One-in-one-out“ sowie neue Ansätze für eine bessere Rechtsetzung können unnötigen bürokratischen Aufwand reduzieren. Durch das „Omnibus“-Verfahren können solche EU-Regeln effizient in einem Rutsch angepasst werden, allerdings müssen weitere Omnibusse folgen, da ein Omnibusgesetz nur jeweils einen Themenbereich abdeckt und die Anzahl der Baustellen nach wie vor hoch ist. Die im Sommer 2025 gestartete zweite Omnibus‑Runde zeigt zwar Fortschritte, erfordert jedoch eine deutlich höhere Taktzahl, um die angestrebten Vereinfachungen zu realisieren. Die EU-Kommission hat die Zeichen der Zeit erkannt: Endlich soll den Unternehmen die nötige Rückendeckung für eine erfolgreiche Transformation gegeben werden, ohne deren Wettbewerbsfähigkeit unnötig zu gefährden. Nun gilt es, die Ankündigungen pragmatisch und effektiv umzusetzen.

DAFÜR SETZT SICH DER VCI EIN

  • Neuer Zeitgeist bei der Regulierung, damit ambitionierte EU-Ziele erreicht werden können
    Gesetzgebung sollte Unternehmen fördern statt behindern: Dazu gehören die Vorabprüfung von Maßnahmen auf mögliche Zielkonflikte, sorgfältige Folgenabschätzungen, die systematische Prüfung bestehender Gesetze auf Wettbewerbsfähigkeit, das darauf folgende Vorlegen von „Omnibus“-Vorschlägen und das „One-in-one-out-Prinzip“. Nur so wird der Aufbau weiterer Bürokratie und Überregulierung wirksam bekämpft.
  • Masterplan für die Transformation und Wettbewerbsfähigkeit der Industrie
    Die europäische Industrie braucht in Zukunft enorme Mengen erneuerbaren und günstigen Strom, ein leistungsfähiges, verlässliches Energieinfrastruktursystem, mehr private und öffentliche Mittel für Forschung und Investitionen, Rechtssicherheit und Offenheit gegenüber innovativen Technologien und Verfahren – beispielsweise chemisches Recycling und Gene-Editing. Dringend ist auch eine europaweit koordinierte Wasserstoffinfrastruktur mit einheitlichen Standards für Zertifizierungs- und Herkunftsnachweise, um Investitionen bis 2030 abzusichern. Sonst läuft die EU Gefahr, in Wettbewerbsrankings weiter abzurutschen.
  • Sämtliche Maßnahmen international einbetten
    Eine offensive handelspolitische Agenda muss Priorität haben, damit lukrative Handelsabkommen sowie weitreichende Partnerschaften für eine diversifizierte Rohstoffsicherung geschlossen werden können. Stabile Beziehungen zu den USA und China sind dabei von strategischer Bedeutung.

Kontakt

Für Fragen und Anregungen nehmen Sie gerne Kontakt mit uns auf.

 Laura Lischinski

Laura Lischinski

Industriepolitik, Nachhaltigkeit, Sustainable Finance