- Datum
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24.09.2025
- 25.09.2025
15:30 Uhr – 21:30 Uhr - Ort
- Berlin
- Veranstalter
- VCI in Kooperation mit SAP, BCG und Table.Briefings
- Kontaktperson
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Susanne Nell
Assistenz
E-Mail: nell@vci.de
Wirtschaftswende oder Warteschleife?
Steuert die ambitioniert gestartete Koalition auf die erhoffte Wirtschaftswende für mehr Wachstum zu? Ganz im Zeichen dieser für den Standort entscheidenden Frage stand der diesjährige Chemie & Pharma Summit des Verbands der Chemischen Industrie in Berlin.
Auftakt mit Bundeskanzler Merz
Zum politischen Vorabend des Branchentreffens war Bundeskanzler Friedrich Merz zu Gast. In seiner Rede unterstrich er die Schlüsselrolle der Chemie- und Pharmaindustrie für den Wirtschaftsstandort Deutschland: „In Ihren Laboren, Unternehmen und Produktionsstätten entscheidet sich, ob Deutschland für die kommenden Jahrzehnte auch industriell mit dieser Grundstoffindustrie ein führendes, souveränes und innovatives Industrieland bleiben kann.“ Um diese Basis zu sichern und zukunftsfähig zu machen, brauche es jetzt entschiedenes Handeln. Zwar verwies Merz auf erste Entscheidungen seiner Koalition für den wirtschaftlichen Neustart, zum Beispiel in der Energie- und Steuerpolitik. Zugleich machte er jedoch unmissverständlich klar, dass dies noch nicht ausreiche: „Es ist nicht fünf vor zwölf, es ist eine Minute nach zwölf. Wir müssen aufholen, wir müssen schneller werden, wir müssen besser werden.“ Genau dazu sei die Koalition fest entschlossen.
Im anschließenden Gespräch nahm VCI-Präsident Markus Steilemann (Covestro) diesen Ball auf und formulierte klare Erwartungen der Chemie- und Pharmabranche an die Bundesregierung. Diese habe schon einige richtige Impulse gesetzt, von denen aber noch zu wenig bei den Unternehmen ankomme. Als zentrale Handlungsfelder nannte Steilemann unter anderem weitere Entlastungen bei den Energiepreisen, den Abbau überbordender Bürokratie und eine stärkere Innovationsförderung. Gerade Innovationen seien das, was in Deutschland auch in Zukunft immer noch besser funktionieren werde als fast überall anders auf der Welt. Mit den richtigen Rahmenbedingungen könnten wir uns „den Weg aus der Krise herausforschen“.
Fesseln ablegen
Wie es derzeit um die drittgrößte Industriebranche bestellt ist, erläuterte Steilemann am zweiten Tag des Summits während der turnusgemäßen VCI-Mitgliederversammlung. Nach zwei Jahren Rezession und zahlreichen Negativmeldungen sei die Stimmung sehr gedämpft. Trotzdem zeigte sich der VCI-Präsident kämpferisch und knüpfte seine Hoffnung auf einen Aufschwung vor allem an die neue Bundesregierung. Diese habe „einen klaren Blick für die Realitäten“ und gebe sich „keinen Illusionen und Träumereien“ hin. Dieser Erkenntnis müssten nun dringend Taten folgen. Dabei brauche es nicht nur Einzelmaßnahmen, sondern tiefgreifende strukturelle Reformen. Die kommenden Wochen und Monate würden zeigen, ob Deutschland den angekündigten „Herbst der Reformen oder einen Winter der Erstarrung“ erlebe.
Branchen-Dialog mit Spitzenpolitik
Im weiteren Verlauf des Nachmittags diskutierten Bundesfinanzminister Lars Klingbeil, Bundesforschungsministerin Dorothee Bär und die Parteivorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen Franziska Brantner mit Vertreterinnen und Vertretern der Industrie. Alle drei bestätigten mit ihren Reden die Analyse von VCI-Präsident Steilemann: Der Ernst der Lage ist parteiübergreifend erkannt. Auch an klaren Bekenntnissen zu einem starken Industriestandort Deutschland und Europa mangelte es nicht.
Dass die praktische Umsetzung dennoch kein Selbstläufer ist, belegten die Podiumsdiskussionen der politischen Spitzenkräfte mit dem VCI-Vizepräsidenten Markus Kamieth (BASF), den VCI-Präsidiumsmitgliedern Sabine Herold (DELO) und Julia S. Schlenz (DOW) sowie mit Peter Maier (SAP), Stefan Oelrich (Bayer) und Matthias Tauber (Boston Consulting).
Standortpolitik neu denken
Zum Abschluss des Summits diskutierten VCI-Präsident Markus Steilemann und VCI-Vizepräsident Carsten Knobel (Henkel) mit Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche sowie der DGB-Vorsitzenden Yasmin Fahimi über die angestrebte Aufholjagd in einer sich rasant wandelnden Welt. Reiche konstatierte, wir hätten angesichts der geopolitischen Umbrüche gar keine andere Wahl, als selbst wieder Stärke zu entwickeln und auf Innovationen und Wettbewerbsfähigkeit zu setzen: „Dafür müssen wir Ihnen die Mühlsteine wegnehmen. Wir können Sie nicht auf einen Marathon schicken, beladen mit Sandsäcken und Fesseln.“ Insgesamt herrschte auf dem Podium Einigkeit, dass der Standort Deutschland weiterhin riesiges Potenzial habe. Dieses gelte es jetzt durch beherzte politische Maßnahmen zu entfesseln. Dazu müssten Politik und Wirtschaft noch enger zusammenrücken, forderte VCI-Präsident Steilemann abschließend: „Ich kann die Bundesregierung nur ermutigen, den derzeit eingeschlagenen Weg einer offenen, ehrlichen, faktenbasierten und breit geführten Analyse – aber diese Analyse dann auch in konkrete Taten umzusetzen – noch schneller und noch konsequenter zu gehen.“
Starke Partner des VCI
Bereits am Vormittag hatte die Mitgliederversammlung auch eine personelle Entscheidung getroffen: Daniel Steiners (Roche) wurde neu ins Verbandspräsidium gewählt. Er folgt auf Christian Kohlpaintner, der das Gremium nach seinem Ausscheiden als Brenntag-CEO verlassen hatte.
Für die Unterstützung beim diesjährigen Chemie & Pharma Summit bedankte sich VCI-Hauptgeschäftsführer Wolfgang Große Entrup im Namen des gesamten VCI bei der Boston Consulting Group, SAP sowie dem Medienpartner Table.Briefings.
Keine Zeit zu verlieren
Der Chemie & Pharma Summit 2025 hat deutlich gemacht: Die Industrie ist bereit, ihren Beitrag zu einem zukunftsfähigen Standort zu leisten. Was (noch) fehlt, sind die umfassenden politischen Rahmenbedingungen dafür. Diese muss die Bundesregierung jetzt mit Mut, Tempo und Entschlossenheit angehen.
Eine Auswahl an Fotos vom Chemie & Pharma Summit des VCI in Berlin finden Sie hier.