Datenraum-Initiative der Chemie

Chem-X – Wegbereiter der zirkulären Wirtschaft

03. Juli 2025 | Bericht

Neues Projekt soll harmonisierte Informationen für den Digitalen Produktpass liefern.

Anfang 2025 startete das Projekt Chem-X führender Akteure der chemischen Industrie. Das Ziel: einen digitalen Datenraum für den Austausch chemiespezifischer Informationen entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu schaffen. © Tech and Business/stock.adobe.com
Anfang 2025 startete das Projekt Chem-X führender Akteure der chemischen Industrie. Das Ziel: einen digitalen Datenraum für den Austausch chemiespezifischer Informationen entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu schaffen. © Tech and Business/stock.adobe.com

Mit der im Juli 2024 in Kraft getretenen EU-Verordnung „Ecodesign for Sustainable Products Regulation“ rückt auch der dort angekündigte Digitale Produktpass (DPP) ins Rampenlicht. Er soll Informationen über die gesamte Wertschöpfungskette eines Produktes abbilden und damit die Transparenz fördern. Was sich in der Theorie gut anhört, kann in der Umsetzung für Unternehmen eine enorme bürokratische Belastung darstellen. Es ist auch noch nicht genau klar, wie der Digitale Produktpass gestaltet werden soll. Umso wichtiger ist es, dass Unternehmen sich rechtzeitig gut aufstellen, um die große Herausforderung zu meistern. Hier kommt Chem-X ins Spiel, eine Kooperation führender Chemie- und Tech-Unternehmen, um einen gemeinsamen Datenraum zu schaffen. Er soll helfen, harmonisierte Informationen aus der Lieferkette für den DPP von Endprodukten bereitzustellen. Hierzu plant der VCI in Abstimmung mit den Konsortialpartnern eine Informationsveranstaltung in der zweiten Jahreshälfte. Ende letzten Jahres hat der VCI bereits einen Workshop und ein Webinar zum Digitalen Produktpass angeboten.

Die Arbeiten an einem digitalen Produktpass

Der DPP enthält strukturierte Informationen zu sowohl chemischen und physikalischen Eigenschaften als auch Nachhaltigkeitsindikatoren eines Produkts. Damit ermöglicht er eine verbesserte Rückverfolgbarkeit, eine fundierte Nachhaltigkeitsberichterstattung sowie eine effizientere Kreislaufführung von Materialien. Auf europäischer Ebene werden die technischen Anforderungen zur Umsetzung des Passes im Rahmen des CEN/CENELEC Standardisierungsgremiums JTC 24 koordiniert. Erste Pilotprojekte wie CIRPASS und CIRPASS-2 erproben bereits branchenübergreifende Anwendungsfälle.

Das Projekt Chem-X

Auch die chemische Industrie bleibt nicht untätig. Anfang Januar 2025 startete das Projekt Chem-X – ein gemeinschaftliches Vorhaben führender Akteure der chemischen Industrie. Chem-X verfolgt das Ziel, einen offenen, interoperablen und sicheren digitalen Datenraum zu etablieren, der den Austausch chemiespezifischer Informationen entlang der gesamten Wertschöpfungskette ermöglicht. Bislang fehlte es der Branche an einer gemeinsamen Sprache für die Kommunikation komplexer Produkt- und Materialdaten. Chem-X schafft nun die technischen und semantischen Grundlagen dafür, dass Daten standardisiert erfasst, strukturiert weitergegeben und maschinell ausgewertet werden können.

Das Fundament bildet ein offenes Datenmodell, das auf die spezifischen Anforderungen der chemischen Industrie und des Digitalen Produktpasses zugeschnitten ist. So können Informationen in Form sogenannter digitaler Zwillinge abgebildet werden und reale chemische Produkte in digitaler Form vollständig beschrieben werden. Die Echtzeit-Datenverarbeitung ermöglicht die Simulation von Produktionsoptimierungen und die Durchführung entsprechender Anpassungen in der Produktionskette. Eine manuelle Verarbeitung der entstehenden Daten ist nicht mehr praktikabel. Deshalb arbeitet Chem-X an automatisierten und standardisierten Verfahren zur Datenerhebung, -verarbeitung und -weitergabe.

Neben der technischen Modellierung stehen auch organisatorische Fragen im Fokus. So werden Methoden zur eindeutigen Identifikation chemischer Produkte und horizontal harmonisierte Ermittlung von Nachhaltigkeitsmetriken entwickelt, ebenso wie Regelwerke zur automatisierten Datenerhebung in komplexen, mehrstufigen Lieferketten, die in eine zukünftige Standardisierung eingebracht werden. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Ausarbeitung tragfähiger Konzepte für Data Governance, also für die sichere, kontrollierte und rechtskonforme Nutzung und Weitergabe von Daten zwischen Unternehmen – über die Grenzen der Chemie hinaus. Die Einhaltung europäischer und internationaler Normen spielt dabei eine ebenso große Rolle wie die langfristige Verlässlichkeit der erhobenen Informationen. Um Manipulationen auszuschließen, sollen die Systeme von Beginn an auch Auditierungs- und Verifizierungsmechanismen integrieren, die die Korrektheit und Unveränderbarkeit der Daten sicherstellen.

Das zukünftige Datenökosystem

Perspektivisch können mit Hilfe der von Chem-X zu entwickelnden Mechanismen mittelfristig verpflichtende Angaben wie der CO₂-Fußabdruck eines Produkts oder der Anteil von Rezyklaten transparent in vollständigen Stoffkreisläufen verfolgt werden. Das eröffnet nicht nur neue Möglichkeiten der unternehmerischen Steuerung, sondern auch eine belastbare Grundlage für Politik, Forschung und Verbraucherentscheidungen.

Chem-X versteht sich dabei nicht nur als technologisches Projekt, sondern als Katalysator für ein neues Selbstverständnis der Industrie im digitalen und nachhaltigen Zeitalter.

Mehr zum Thema

Kontakt

Für Fragen und Anregungen nehmen Sie gerne Kontakt mit uns auf.

Dipl.-Volksw. Christian Bünger

Dipl.-Volksw. Christian Bünger

Digitalpolitik, Digitalisierung

 Martina Schönnenbeck

Martina Schönnenbeck

Lebensmittelzusatzstoffe, Responsible Care, Sustainable Consumption and Production