Verbändeinitiative warnt vor Versorgungskollaps

Fünf-Punkte-Plan gegen Lkw-Fahrermangel

13. Februar 2019 | Bericht

Eine Initiative führender Verbände der Logistik, des Handels und der Industrie, darunter der VCI, fordert Maßnahmen der Politik gegen den Lkw-Fahrermangel.

Mehr Lkw-Parkplätze in Deutschland werden dringend benötigt. - Foto: © Gina Sanders/stock.adobe.com
Mehr Lkw-Parkplätze in Deutschland werden dringend benötigt. - Foto: © Gina Sanders/stock.adobe.com

Der Fachkräftemangel betrifft auch den Berufs-Kraftfahrer im Straßengüterverkehr dramatisch: Jährlich gehen in Deutschland erheblich mehr Lkw-Fahrer in Rente als neu hinzugewonnen werden können: Es fehlen pro Jahr etwa 40.000 Fahrer. Mittlerweile lässt sich diese Lücke auch nicht mehr mit Anbietern aus anderen EU-Staaten schließen, da in ganz Europa Fahrer gesucht werden. Diese Personalknappheit führt zu erheblichen Engpässen in der Logistikbranche – mit gravierenden Folgen für Wirtschaft und Gesellschaft. „Wir werden nicht mehr alle Güter zu jeder Zeit und überall zur Verfügung haben“, warnte kürzlich der stellvertretende Hauptgeschäftsführer im Verband Verkehrswirtschaft und Logistik Nordrhein-Westfalen, Marcus Hover, in der Online-Ausgabe der Tageszeitung „Die Welt“. Auch Andrea Heid, Bereichsleiterin Verkehr im VCI, macht deutlich: „Das Problem des Fahrermangels nimmt immer stärker zu. Die Transportdienstleister versuchen, sich gegenseitig Personal abzuwerben.“

Altersstruktur, unattraktive Arbeitsbedingungen und eine hohe Kriminalität, wie Diebstahl der Ware und Überfälle, zählen zu den wesentlichen Ursachen dafür, dass es immer weniger Brummi-Fahrer gibt. In ihrem Fünf-Punkte-Plan haben 14 Verbände daher Vorschläge erarbeitet, wie die Politik den drohenden Versorgungskollaps abwenden könnte:

  • Die Attraktivität des Fahrerberufs erhöhen: Dazu sind ein auskömmliches Gehalt, ein sicherer und moderner Arbeitsplatz sowie eine „Work-Life-Balance“, die durch innovative Arbeitszeitmodelle erreicht werden kann, erforderlich. Darüber hinaus sollten auch mehr Frauen für den Fahrerberuf gewonnen werden.
  • Die Ausbildung und Qualifizierung verbessern: Das bewährte Instrument der „beschleunigten Grundqualifikation“ kann hierzu einen erheblichen Beitrag leisten, ebenso wie eine attraktivere Berufsausbildung, die stärker die Veränderungen des Berufsbildes berücksichtigt. Außerdem sollten beispielsweise Nicht-EU-Führerscheine leichter anerkannt werden.
  • Die Fahrergewinnung unterstützen: Vor allem jungen Menschen sollte vermittelt werden, dass die fortschreitende Digitalisierung und Automatisierung zwar die Anforderungen an den Fahrerberuf verändern, ihn aber keineswegs überflüssig machen – im Gegenteil: Der Technologiefortschritt bietet zugleich große Chancen für diesen Beruf und dessen Attraktivität.
  • Die Infrastruktur verbessern und die Planung beschleunigen: Das Straßen-, Verkehrs- und auch das Baustellenmanagement müssen verbessert werden, wozu auch der Ausbau digitaler Informationssysteme beitragen kann. VCI-Expertin Heid weist auf ein weiteres Problem hin: „Es gibt nicht genügend Parkplätze.“ Hier sieht sie den Gesetzgeber in der Pflicht, für ausreichende Lkw-Parkplätze zu sorgen. Nur so könnten die gesetzlichen Vorgaben zur Einhaltung der Ruhezeiten erfüllt werden.
  • Umfassend digitalisieren: Die Prozesse im Transport- und Logistiksektor müssen vernetzter, smarter und effizienter werden. Voraussetzung dafür ist der flächendeckende Ausbau der digitalen Infrastruktur, die es der Wirtschaft ermöglicht, beispielsweise dynamische Informations- und Steuerungssysteme verstärkt einzusetzen.


INFO: Fahrermangel - das sagt die Statistik

Nach Angaben des Kraftfahrtbundesamtes sind etwa 1 Million ausgebildete Lkw-Fahrer 45 Jahre oder älter und gehen im Durchschnitt mit 60 Jahren in den Ruhestand. Jährlich scheiden in Deutschland somit 67.000 Fahrer altersbedingt aus dem Berufsleben aus. Demgegenüber konnten im Jahr 2017 nur knapp 27.000 Personen – entweder durch Ausbildung zum Berufskraftfahrer oder Erwerb der erforderlichen Grundqualifikation – hinzugewonnen werden. Damit fehlen in allen Branchen heute bereits 40.000 Fahrer jährlich. Der Frauenanteil bei den Berufskraftfahrern liegt bei rund 2 Prozent.


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Dieser Artikel ist im chemie report 01+02/2019 erschienen.