Bundesnetzagentur

Reform der individuellen Netzentgelte

19. August 2024 | Position

Mit zwei Papieren kommentiert der VCI die Reformüberlegungen der Bundesnetzagentur zu Industrienetzentgelten.

Steigende Entgelte für die Nutzung der Stromnetze werden zu einem Problem für die Industrie. © levelupart/Fotolia.com
Steigende Entgelte für die Nutzung der Stromnetze werden zu einem Problem für die Industrie. © levelupart/Fotolia.com

Die Stromnetzentgelte sind ein maßgeblicher Kostentreiber der industriellen Transformation geworden. Individuelle Netzentgelte sind von enormer Bedeutung für die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Industrie und ihre von der Bundesnetzagentur geplante Reform daher ein zentrales energiepolitisches Thema für die Chemie.

Mit zwei Papieren kommentiert der VCI die Reformüberlegungen der Bundesnetzagentur und beleuchtet, inwiefern und unter welchen Voraussetzungen die chemische Industrie nachfrageseitige Flexibilität anbieten kann.

Folgende Punkte sind dabei bei nachfrageseitiger Flexibilität zu beachten:

  • Grundsätzlich weist die chemisch-pharmazeutische Industrie eine enorme Heterogenität hinsichtlich der Flexibilitätspotenziale in Prozessen und Energieerzeugung auf. Nicht alle Unternehmen können Flexibilitäten anbieten – auch diese dürfen nicht auf der Strecke bleiben.
  • Kapitalintensive und komplexe Produktionsprozesse der globalen chemischen Industrie sind aus fundamentalen betriebswirtschaftlichen und technischen Gründen allgemein auf eine maximale und möglichst gleichmäßige Anlagenauslastung ausgelegt. Die Flexibilisierung ist nur umsetzbar, wenn der Preisvorteil einer flexiblen Fahrweise größer ist als die Nachteile.
  • Die Flexibilitätserbringung muss daher stets freiwillig erfolgen und angemessen vergütet werden. Sie darf regulatorisch zugleich nicht behindert werden. Effizienzverluste aufgrund der Flexibilisierung dürfen an anderer Stelle nicht zu Nachteilen für die Unternehmen führen.
  • Der VCI regt mit ausreichender Vorlaufzeit eine gesonderte Abfrage der Bundesnetzagentur bei Unternehmen an, um die Wissensbasis hinsichtlich industrieseitiger Flexibilitätspotenziale und -hemmnisse zu verbessern.

Den Reformvorschlag der Bundesnetzagentur kommentiert der VCI folgendermaßen:

  • Die angekündigte Übergangsregelung hin zu einer Neuregelung muss langfristig (über 2030 hinaus) ausgestaltet sein, um die betroffene Industrie nicht wirtschaftlich zu überfordern.
  • Die zukünftige Entlastungsregelung muss praxistauglich ausgestaltet sein, eine angemessene Planbarkeit bieten und insgesamt eine äquivalente Entlastungswirkung sicherstellen. Andernfalls sind erhebliche negative Folgen für die Wettbewerbsfähigkeit der Stromkosten zu erwarten.
  • Der enge Fokus auf das kurzfristige Verhalten am Spotmarkt sollte erweitert werden. Auch arbeits- und kapazitätsbezogene „Energiewendekompetenz“ von Letztverbrauchern sollte mittels einer Entgeltentlastung gewürdigt werden.
  • Neben individuellen Netzentgelten sind auch ergänzende allgemeine Entlastungsmaßnahmen nötig, die die Bundesregierung schnellstmöglich politisch umsetzen sollte (z.B. die Übernahme von Engpassmanagementkosten in den Bundeshaushalt). Die Ankündigung der Bundesregierung im Rahmen des Wachstumspakets werden begrüßt und sollten nun schnell konkretisiert werden.
  • Die Mindestarbeitsmenge darf als Schwelle nicht prohibitiv hoch festgelegt werden und sollte keinesfalls über den bisherigen Wert von 10 GWh/a pro Abnahmestelle hinaus angehoben werden. Auch im Mittelstand bestehen relevante Flexibilitätspotenziale, die nicht durch übermäßig hohe Schwellenwerte ausgeschlossen werden dürfen.

Im Hinblick auf die angespannte wirtschaftliche Situation und zur Erhöhung der Planungssicherheit ist es wichtig, dass Bundesregierung und Bundesnetzagentur ihre Maßnahmen eng abstimmen und zur Verbesserung der Rahmenbedingungen gerade für die energieintensive Industrie beitragen. Detaillierte Forderungen können den jeweiligen Positionspapieren entnommen werden.

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 Heinrich Nachtsheim

Heinrich Nachtsheim

Energiepolitik; Wasserstoff