Sorgfaltspflicht

EU-Lieferkettenrichtlinie

01. Juni 2023 | Bericht

Was Unternehmen zur EU-Lieferkettenrichtlinie sagen.

Gegenwärtig diskutiert die EU eine Richtlinie zur Sorgfaltspflicht in Lieferketten. Für eine praktikable Umsetzung sehen die Unternehmen noch erheblichen Nachbesserungsbedarf.

Im Februar 2022 hat die EU-Kommission mit ihrem Vorschlag zu einer Richtlinie „über die Sorgfaltspflichten von Unternehmen im Hinblick auf Nachhaltigkeit“ eine europäisches „Lieferkettenrichtlinie“ (LkRL) vorgelegt. Der Vorschlag geht deutlich über das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) hinaus. Dies betrifft unter anderem den Umfang der Sorgfaltspflichten, die zivilrechtliche Haftung der Unternehmen sowie den Anwendungsbereich, der die gesamte Wertschöpfungskette („up- und downstream“) und nicht nur die Lieferkette umfassen soll.

Im Dezember 2022 hat der Rat der Europäischen Union seine „Allgemeine Ausrichtung“ zur LkRL angenommen und teilweise Verbesserungen vorgeschlagen. Das Europäische Parlament hat am 1. Juni 2023 über den Entwurf abgestimmt in Kürze beginnen die Trilog-Verhandlungen (EU-Kommission, EU-Parlament, EU-Rat).

Die Achtung der Menschenrechte und der Schutz unserer natürlichen Lebensgrundlagen gehören zu den Grundsätzen des verantwortungsvollen Unternehmertums und entsprechen dem Selbstverständnis der Unternehmen der chemisch-pharmazeutischen Industrie. Dies erfordert eine praxisgerechte Ausgestaltung der Richtlinie. Gleichzeitig gibt es noch erheblichen Nachbesserungsbedarf bei der gesetzlichen Konkretisierung der unternehmerischen Sorgfaltspflichten. Der VCI und seine Mitgliedsunternehmen begleiten und unterstützen diesen Prozess aktiv mit Erfahrungen aus der Praxis.

Im Folgenden finden Sie Einschätzungen von Mitgliedern des VCI-Rechtsausschusses und einem weiteren Unternehmensvertreter zum aktuellen Stand des Richtlinienentwurfs.

VCI-Mitglieder zum Entwurf einer europäischen Lieferkettenrichtlinie

Dr. Friederike Rotsch, Group General Counsel bei der Merck KGaA.
Dr. Friederike Rotsch, Group General Counsel bei der Merck KGaA. © Merck KGaA

Klar definierte zivilrechtliche Haftung notwendig
„Eine zivilrechtliche Haftung muss auf dem eigenen Verhalten des betroffenen Unternehmens beruhen. Eine überbordende spezialgesetzliche Haftung ist zu vermeiden. Nur wenn ein Schaden konkret mitverursacht und somit mitverschuldet wurde, kann eine Haftung greifen.“

Alexandra Rullen, Group General Counsel bei der Wacker Chemie AG und Mitglied des VCI-Rechtsausschusses.
Alexandra Rullen, Group General Counsel bei der Wacker Chemie AG und Mitglied des VCI-Rechtsausschusses. © Wacker Chemie AG / Steffen Wirtgen

Umsetzung im Konzern im Rahmen der Unternehmensstruktur
„Den Unternehmen muss zugestanden werden, ihre Sorgfalts- und Berichtspflichten in Übereinstimmung mit ihrer Unternehmensstruktur zu erfüllen. Deshalb muss es zulässig sein, die Sorgfaltspflichten innerhalb einer Unternehmensgruppe zentral zu implementieren und zu steuern.“

Dr. Martin Schwarz, General Counsel Boehringer Ingelheim und Mitglied des VCI-Rechtsausschusses.
Dr. Martin Schwarz, General Counsel Boehringer Ingelheim und Mitglied des VCI-Rechtsausschusses. © Boehringer Ingelheim

Unmittelbare Zulieferer als primärer Anknüpfungspunkt der Sorgfaltspflichten
„Im Fokus der Sorgfaltspflichten müssen die direkten Lieferanten bzw. Zulieferer stehen. Die ganze Wertschöpfungskette einzubeziehen, ist in der Praxis derzeit nicht umsetzbar. Allein Boehringer Ingelheim kooperiert mit über 50.000 Lieferanten auf der ersten Ebene. Das Einhalten der Sorgfaltspflichten ist nicht nur bei der Prüfung von neuen Lieferanten wichtig, sondern auch bei den bestehenden, und zwar regelmäßig (Monitoring) und anlassbezogen (Auditierung).“

Dr. Andreas Kicherer, Vice President Sustainability bei der Brenntag GmbH.
Dr. Andreas Kicherer, Vice President Sustainability bei der Brenntag GmbH. © Brenntag

Brancheninitiativen durch Safe-Harbour-Regelungen fördern
„Brancheninitiativen müssen als wesentliches Mittel der Umsetzung von Sorgfaltspflichten in der Lieferkette in einem standardisierten Verfahren anerkannt werden. Bei der Implementierung einer anerkannten Brancheninitiative durch ein Unternehmen müssen Haftungsrisiken durch die Geltung einer Safe-Harbour-Regelung gemindert und so mehr Rechtssicherheit geschaffen werden.“

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 Dominik Jaensch

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