Aus dem VCI-Politikbrief

Gesamtstrategie für den Gesundheits­standort

02. Juni 2022 | Standpunkt

VCI-Vizepräsident Werner Baumann zum Gesundheitsstandort Deutschland.

Werner Baumann, Vizepräsident des Verbands der Chemischen Industrie © Bayer AG
Werner Baumann, Vizepräsident des Verbands der Chemischen Industrie © Bayer AG

Die gute Nachricht zuerst: Deutschland zählt bei der Forschung und Herstellung von pharmazeutischen Produkten zur Weltspitze, und die Bundesregierung hat erkannt, dass Gesundheit ein wichtiger Zukunftsmarkt ist. Folgerichtig plant sie den Zugang zu anonymisierten Forschungsdaten auch für Unternehmen, ein besseres Gesetz zur Nutzung von Gesundheitsdaten und die elektronische Patientenakte. All dies ist nicht neu, aber ein wichtiges Signal für den Standort, wenn es nun umgesetzt wird.

Diese guten Absichten werden allerdings ins Gegenteil verkehrt, wenn nun erneut diskutiert wird, die Finanzierung der Krankenkassen auf dem Rücken der Pharmaunternehmen auszutragen. Offenbar geht es vor allem darum, kurzfristige Finanzlöcher zu stopfen. Genau das wird langfristig jedoch besonders teuer und zum Problem der jüngeren Generationen.

Andere Länder fördern gezielt Innovationen im Gesundheitsbereich

Deutschland braucht eine Gesundheits- und Wirtschaftspolitik aus einem Guss, um auch künftig das Weltniveau halten zu können. In allererster Linie, um die medizinische Versorgung der Menschen zu verbessern. Aber auch, damit der Innovations- und Produktionszug im Gesundheitssektor nicht ohne uns weiterfährt. Andere Staaten haben das längst erkannt und investieren massiv in mRNA-Medikamente und Zell- und Gentherapien. Damit sichern sie sich Vorteile entlang der gesamten Wertschöpfungskette, von der Forschung über die Produktion bis zur weltweiten Versorgung der Menschen. Zugleich wird sehr strategisch die Verbesserung der nationalen Gesundheitsversorgung verfolgt. Ganz konkret haben die USA ein milliardenschweres Programm zur Förderung der mRNA-Technologie angekündigt, und China strebt eine nahezu autarke Versorgung und globale Marktführerschaft im Gesundheitsmarkt an.

Die Politik sollte mehr Innovationsanreize setzen

Die europäische Politik und die Bundesregierung täten gut daran, stärker auf Innovationsanreize zu setzen. Ein gutes Rezept bestünde unter anderem aus mehr Wagniskapital und höheren Ausgaben für Forschung und Entwicklung sowie digitalen Lösungen, damit wir wieder zur „Apotheke der Welt“ und zu einem Motor für Arbeitsplätze, Wachstum und Wohlstand werden. Ein Preismoratorium und die Erhöhung des Zwangsrabatts lösen hingegen kein Problem, sondern produzieren nur Verlierer. Wir sollten bessere Wege finden – auch, weil COVID-19 nicht die letzte große Herausforderung im Gesundheitsbereich bleiben wird.

Werner Baumann
Vizepräsident des Verbands der Chemischen Industrie

Dieser Beitrag ist Teil des VCI-Politikbriefs „Gesamtstrategie für den Gesundheitsstandort“ (Juni 2022).