10. Dezember 2022 | Position
Zweites EU-Paket zur „Circular Economy“ berücksichtigt chemisches Recycling zu wenig.

Die EU-Kommission hat am 30. November 2022 im Rahmen ihres zweiten Pakets zur Stärkung der Kreislaufwirtschaft einen Vorschlag für eine neue Verpackungsverordnung vorgelegt. Mit ihrem Entwurf möchte die Kommission die Zunahme an Verpackungsabfällen bekämpfen und deren Recycling vorantreiben. Trotz vieler guter Ansätze bleibt zu befürchten, dass nicht die richtigen Grundvoraussetzungen geschaffen werden, um die ambitionierten Recyclingziele für Kunststoffverpackungen zu erreichen.
Aktuell verursachen EU-Bürger durchschnittlich 177 Kilogramm Verpackungsmüll pro Kopf und Jahr, wobei Deutschland mit fast 226 Kilogramm den Spitzenreiter stellt. Die EU-Kommission rechnet bis 2030 mit einem Anstieg der Verpackungsabfälle um 19 Prozent und bei Verpackungsabfällen aus Kunststoff um 46 Prozent. Um diesem Trend entgegenzuwirken, konzentriert sich ihr Vorschlag auf die Vermeidung von Verpackungsabfällen durch die Förderung von wiederverwendbaren und nachfüllbaren Verpackungslösungen und einzelne Verbote von Verpackungen. Ein weiterer Fokus des Vorschlags ist die Stärkung des Recyclingkreislaufs von Verpackungen.
Recyclingziele ohne chemische Recyclingverfahren kaum zu erreichen
Das Hauptinstrument zur Stärkung des Recyclingkreislaufs ist das Ziel, alle Verpackungen in der EU bis 2030 recyclingfähig zu machen. Dies soll erreicht werden, indem unter anderem Kriterien für die Gestaltung von Verpackungen vorgeschrieben und verbindliche Pfandsysteme für Kunststoffflaschen eingeführt werden. In Deutschland befindet sich die Industrie im Falle von Kunststoffverpackungen auf einem guten Weg: Bereits 2017 waren 75 Prozent der Kunststoffverpackungen aus dem Gelben Sack und der PET-Getränkeflaschen-Sammlung recycling- oder mehrwegfähig. Das brancheneigene Ziel bis 2025 liegt bei 90 Prozent. Zum Kreislauf von Kunststoffverpackungen trägt hierzulande außerdem bei, dass bereits 2003 ein Pfandsystem eingeführt wurde.
Schwieriger gestaltet sich hingegen das Erreichen der Ziele bezüglich des Anteils recycelter Kunststoffe in Verpackungsmaterialien. Die Kommission sieht gestaffelte Quoten vor – auch für den Kontakt-sensitiven Bereich (Lebensmittelkontaktbereich, Gefahrgutverpackungen). Gerade in diesem Bereich scheinen die Ziele aber zu ambitioniert, wenn chemische Recyclingverfahren nicht schon bald vollumfänglich auf die Quoten anerkannt werden und ergänzend zum mechanischen Recycling zum Einsatz von Rezyklaten beitragen. Chemischen Verfahren kommt hierbei zugute, dass Rezyklate in Neuwarequalität hergestellt werden können.
Verpackungsabfälle vermeiden
Im Kampf gegen zunehmende Abfallmengen setzt die Kommission das Ziel, den Verpackungsmüll um 15 Prozent pro Mitgliedstaat und Kopf bis 2040 im Vergleich zu 2018 zu senken. Dazu soll vor allem die Förderung der Wiederverwendung bzw. des Nachfüllens von Verpackungen beitragen. So müssen die Unternehmen den Verbrauchern einen bestimmten Prozentsatz ihrer Produkte in solchen Verpackungen anbieten, z. B. Getränke und Mahlzeiten zum Mitnehmen oder E-Commerce-Lieferungen. Die Kommission rechnet allein durch die Förderung der Wiederverwendung mit mehr als 600 000 Arbeitsplätzen in dem entsprechenden Sektor bis 2030, viele davon in lokalen kleinen und mittleren Unternehmen.
Ein weiteres Instrument zur Vermeidung von Abfällen soll das Verbot von bestimmten Einwegverpackungen für Lebensmittel und Getränke, die in Restaurants und Cafés verzehrt werden, Einwegverpackungen für Obst und Gemüse, Miniatur-Shampooflaschen und andere Miniaturverpackungen in Hotels sein. Hierbei muss sichergestellt werden, dass die Verbote mit Augenmaß erfolgen und in der Praxis umsetzbar sind. Die Primärfunktion von Verpackung, der Schutz des Gutes, des Menschen und der Umwelt, soll stets im Auge behalten werden. Der Vorschlag der Kommission wird als nächstes vom Europäischen Parlament und vom Rat im Rahmen des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens beraten.
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