Messstellenbetriebsgesetz

Digitalisierung der Energiewende

18. Mai 2017 | Position

Langfassung zu diesem Dokument

Das Messstellenbetriebsgesetz (MsbG) ist seit 2. September 2016 in Kraft. Es ist ein wesentlicher Bestandteil des Gesetzes zur Digitalisierung der Energiewende. Die vorliegende Einordnung des VCI erläutert die Regelungen des MsbG für den Messtellentbetrieb sowie seine Vorgaben für den Rollout intelligenter Messsysteme und moderner Messeinrichtungen. Insbesondere beleuchtet das Dokument die Situation für Industrienetze und Industrieparks.

Grundsätzliches

Das Messstellenbetriebsgesetz (MsbG) ist seit 2. September 2016 in Kraft. Es ist ein wesentlicher Bestandteil des Gesetzes zur Digitalisierung der Energiewende. Das MsbG regelt u. a. die Rolle des Messstellenbetreibers und die Vorgaben für den Rollout intelligenter Messsysteme und moderner Messeinrichtungen. Es regelt den Messstellenbetrieb, die Pflichten, Fristen und Erfüllungsquoten zum Einbau intelligenter Messtechnik (sog. Rollout), die Anforderung an die Datenübertragung (Gateway-Administration) sowie Kostenallokationen. Adressat der Regelungen und damit betroffen sind die regulierten Netze für Strom, d. h. Netze der allgemeinen Versorgung und geschlossene Verteilernetze. Standortinterne Netze, die sich als Kundenanlagen positioniert haben, sind nicht betroffen.

Messstellenbetrieb

Der Messstellenbetrieb ist in § 3 Abs. 2 Nr. 1 geregelt und umfasst Einbau, Betrieb und Wartung der Messstelle und ihrer Messeinrichtungen und Messsysteme sowie Gewährleistung einer mess- und eichrechtskonformen Messung entnommener, ver-brauchter und eingespeister Energie einschließlich der Messwertaufbereitung und form- und fristgerechter Datenübertragung. Durchgeführt wird der Betrieb durch den grundzuständigen Messstellenbetreiber (gMSB). Es handelt sich hierbei um den jeweiligen Netzbetreiber, sofern dieser seine Grundzuständigkeit für den Messstellenbetrieb nicht auf ein anderes Unternehmen überträgt (§ 2 Nr. 3). Unterschieden werden „Messeinrichtungen“ (§ 2 Nr. 10), d. h. analoge Messtechnik von „modernen Messeinrichtungen“ (§ 2 Nr. 15), die den tatsächlichen Elektrizitätsverbrauch und die tatsächliche Nutzungszeit widerspiegeln und über ein Smart-Meter-Gateway sicher in ein Kommunikationsnetz eingebunden werden können. Ein „intelligentes Messsystem“ bildet eine über ein Smart-Meter-Gateway in ein Kommunikationsnetz eingebundene moderne Messeinrichtung zur Erfassung elektrischer Energie, das den tatsächlichen Energieverbrauch und die tatsächliche Nutzungszeit widerspiegelt und besonderen Anforderungen genügt, die zur Gewährleistung des Datenschutzes, der Datensicherheit und Interoperabilität in Schutzprofilen und Technischen Richtlinien festgelegt werden können.

Der Messstellenbetrieb umfasst den technischen Betrieb der Messstelle inkl. verschlüsselter Datenübertragung und Marktkommunikation sowie die Erfüllung zukünftiger Anforderungen der BNetzA. Die Grundzuständigkeit kann entweder den Messstellenbetrieb aller Messstellen des jeweiligen Netzgebiets oder den Betrieb mit modernen Messeinrichtungen und intelligenten Messsystemen (digitaler Messstellenbetrieb) im jeweiligen Netzgebiet umfassen (§ 2 Nr. 5, 6). Dem Netzbetreiber obliegt somit die Grundzuständigkeit für alle Messstellen oder nur für den analogen Messstellenbetrieb, der 2032 ausläuft. Jeder Netzbetreiber muss entscheiden, ob er die Grundzuständigkeit für den digitalen Messstellenbetrieb selbst übernimmt oder sie an einen Dritten überträgt. Im Falle der Übernahme der Grundzuständigkeit für den digitalen Messstellenbetrieb gilt eine Anzeigepflicht ggü. der BNetzA bis 30.06.2017 (§ 45 Abs. 3).

Rollout

Der Rollout moderner und intelligenter Messtechnik ist an wirtschaftlich-technische Voraussetzungen gebunden. Sofern der Rollout technisch möglich und wirtschaftlich vertretbar ist, besteht seitens des grundzuständigen Messstellenbetreibers die Verpflichtung zum Einbau intelligenter Messtechnik:

bei Letztverbrauchern > 6.000 kWh/a (SLP und RLM) und bei Letztverbrauchern mit Vereinbarungen gemäß § 14a EnWG (Steuerbarkeit)

bei Energieerzeugungsanlagen nach EEG und KWKG > 7 kW

bei Letztverbrauchern < 6.000 kWh/a und EEG und KWKG > 1 bis 7 kW mindes-tens Einbau moderner Messeinrichtung, wenn wirtschaftlich vertretbar nach § 32


Die „technische Möglichkeit“ ist i. S. d. MsbG gegeben, sofern mindestens drei Produkte intelligenter Messtechnik voneinander unabhängiger Hersteller am Markt angeboten werden. Hierbei erfolgt die Feststellung der technischen Möglichkeit durch das BSI (mit Veröffentlichung im Bundesanzeiger; BSI: Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik). Die „wirtschaftliche Vertretbarkeit“ i. S. d. MsbG ist bei Einhalten der in § 31 vorgegebenen verbraucherspezifischen Preisobergrenzen gegeben.

Seitens des grundzuständigen Messstellenbetreibers bestehen Veröffentlichungspflichten (§ 37), beispielsweise für Preisblätter mit dreijähriger Bindefrist 6 Monate vor dem Rollout. Drei Monate vor dem Rollout muss der grundzuständige Netzbetreiber über den Rollout-Termin und die Wahl des Messstellenbetreibers informieren.

Der zeitliche Rollout-Rahmen orientiert sich an Grenzen für Verbrauch und Einspeiseleistung:

  • obligatorisch ab 2017 innerhalb von 16 Jahren: Verbrauch > 100.000 kWh/a
  • obligatorisch ab 2017 innerhalb von 8 Jahren: Verbrauch > 10.000 bis 100.000 kWh/a, Leistung > 7 kW bis 100 kW
  • obligatorisch ab 2020 innerhalb von 8 Jahren: Verbrauch > 6.000 bis 10.000 kWh/a, Leistung> 100 kW
  • optional ab 2020: ≤ 6.000 kWh/a

Situation für Industrienetze

Das MsbG sieht keine Sonderregelungen für Industrienetze vor. Allerdings können RLM-Messungen (Registrierende Leistungsmessung), die in Messsysteme eingebun-den sind und nicht die Voraussetzungen eines intelligenten Messsystems erfüllen, für bis zu 8 Jahre weiter betrieben werden, sofern der Einbau bis zum 31.12.2016 erfolgte. Ein Austausch oder Neueinbau von herkömmlichen Messsystemen ist noch bis zum Feststellen der technischen Möglichkeit durch das BSI möglich, jedoch muss dann die schriftliche Einwilligung des Letztverbrauchers eingeholt werden (§ 19 Abs. 5).

Geeignete Messtechnik für Industrieparks ist gegenwärtig noch nicht am Markt vor-handen. Mit dem Abschluss der erforderlichen Geräte-Zertifizierungen durch die Her-steller ist Ende 2017 oder Anfang 2018 zu rechnen. Erst bei Marktverfügbarkeit geeig-neter intelligenter Messtechnik von drei unabhängigen Anbietern und Feststellung der technischen Möglichkeit durch das BSI besteht die Umsetzungspflicht für den Rollout. Der VCI ist bereit, in den Arbeitsgruppen des BSI zur Erarbeitung technischer Richtlinien für geeignete intelligente Messtechnik für Industrieparks mitzuarbeiten.



Eine druckfreundliche Fassung dieses Positionspapiers (Umfang: 4 Seiten) finden Sie im Download-Bereich im Kopf dieser Seite (sog. „Langfassung").


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