Parlamentarischer Abend 2018 in Berlin
Durchstarten für einen starken Industriestandort
Das Timing war dieses Mal besonders gelungen: Am Mittag des 21. März 2018 hatte Bundeskanzlerin Merkel ihre erste Regierungserklärung in der 19. Wahlperiode gehalten. Am Abend trafen sich dann rund 350 Gäste aus Politik, Wirtschaft und Behörden zum Parlamentarischen Abend des VCI in Berlin. Im Konferenzzentrum Axica am Brandenburger Tor tauschten sie sich über den neuen Koalitionsvertrag und seine Auswirkungen auf die Chemie- und Pharmaindustrie aus.

Höhepunkt war eine Diskussionsrunde mit VCI-Präsident Kurt Bock, dem neuen Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sowie den Bundestagsabgeordneten Dieter Janecek (Bündnis 90/Die Grünen), Frank Sitta (FDP) und Dirk Wiese (SPD).
Deutschland braucht auch in Zukunft ein starkes industrielles Rückgrat – das war eine der zentralen Aussagen der aktuellen Regierungserklärung. Doch wie genau könne der Industriestandort nun „so richtig durchstarten“, wollte Moderator Wulf Schmiese, Leiter des ZDF-heute journals, von den Podiumsgästen wissen.
Wissensbasierte Entscheidungen benötigt
Die Politik habe die Dringlichkeit zur Stärkung des Industriestandorts erkannt, würdigte Kurt Bock die Verhandlungsergebnisse der „neuen alten“ Koalitionspartner. Das zeige sich zum Beispiel in so mancher forschungspolitischen Passage des Regierungsprogramms:
Energiewende anders finanzieren
Wer über die Innovationsfähigkeit deutscher Industrieunternehmen spreche, komme an einer Lösung für international wettbewerbsfähige Energiepreise nicht vorbei, lenkte Wulf Schmiese die Diskussion auf ein weiteres für die Branche zentrales Thema. Wie eine wirksame Kostenbremse im EEG aussehen könnte, habe die Chemiebranche bereits im Vorfeld der Bundestagswahl skizziert. Unklar sei allerdings, wie dies in der aktuellen Legislatur durchgesetzt werden könnte. Dirk Wiese versicherte, dass sich die große Koalition der Bedeutung der energieintensiven Industrien bewusst sei. Um für die Unternehmen faire Wettbewerbsfähigkeitsbedingungen zu schaffen, müssten die Entlastungsregeln im EEG beibehalten bleiben, sagte der SPD-Politiker. Der Grüne Dieter Janecek ergänzte, dass man durch die Einführung einer „fairen und effektiven“ CO2-Bepreisung eines Tages das EEG vielleicht sogar ganz abschaffen könnte. Für sein Statement „Dann bräuchten wir so manches paradoxe Instrumentarium einfach nicht mehr“, erntete der Bundestagsabgeordnete spontanen Applaus.
Zum Abschluss versicherten die Podiumsteilnehmer, den Gesprächsfaden mit der Chemie auch über den Parlamentarischen Abend hinaus nicht abreißen zu lassen. „Wir sollten weiter den Austausch darüber suchen, wie wir ein hohes Maß an industrieller Wertschöpfung in Deutschland halten können“, sagte Dirk Wiese. Gesundheitsminister Spahn wandte sich mit einer Forderung und einem Angebot zugleich an Kurt Bock und die anderen Branchenvertreter im Saal: „Lassen Sie uns gemeinsam klarmachen, dass es zum Beispiel bei Freihandel, beim Abbau von Regulierung und bei den EEG-Entlastungen für energieintensive Betriebe immer um Arbeitsplätze hier vor Ort geht.“
Zitate aus der Diskussion
„Will diese Gesellschaft innovativ sein? Diskutieren wir erst über Risiken oder zunächst über Chancen? Wir brauchen ein besseres Gefühl für das, was um uns herum in der Welt passiert.“
„Die Chemie ist wichtiger Teil unserer Wertschöpfungskette. Unternehmen brauchen faire Wettbewerbsbedingungen. Deshalb muss man die Entlastungsregeln im EEG beibehalten.“
„Deutschland ist ein Industrieland, zu dem die Chemie gehört. Ich wünsche mir, dass Sie noch mehr kommunizieren, was in Ihnen steckt. Sie sind eine hochinnovative Branche und ein Motor für Entwicklung.“
„Unternehmen brauchen Verlässlichkeit, etwa bei Energie und Klima. Mit einer fairen und effektiven CO2-Bepreisung könnte man manches paradoxe Instrumentarium abschaffen.“