Rede zur Lage der Europäischen Union in bewegten Zeiten

Präsidentin der Kommission zum Kurs der EU

16. September 2022 | Bericht

Beim Fokusthema Energiepolitik blieb Ursula von der Leyen hinter den Erwartungen zurück.

Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen steckte am 14.09.2022 in ihrer traditionellen „Rede zur Lage der Union“ den Kurs der EU für die kommende Zeit ab. © picture alliance/dpa
Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen steckte am 14.09.2022 in ihrer traditionellen „Rede zur Lage der Union“ den Kurs der EU für die kommende Zeit ab. © picture alliance/dpa

Die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, hat am 14.09.2022 den Kurs der EU für die kommenden Monate abgesteckt und Leitinitiativen für das nächste Jahr angekündigt: Im Beisein der First Lady der Ukraine, Olena Selenska, und in den ukrainischen Nationalfarben blau-gelb hielt sie ihre alljährliche Rede zur Lage der Europäischen Union – ihre erste jedoch seit dem russischen Angriff auf die Ukraine und der veränderten geopolitischen Lage. Vor diesem Hintergrund kündigte die Kommissionspräsidentin Maßnahmen im Bereich Energie, Handel, Wirtschaft Digitalpolitik und Außenpolitik an.

Energie – ein Tropfen auf den heißen Stein

Wie groß die Herausforderung beim Umgang mit den massiv gestiegenen Preisen für Strom und Gas auch für die Kommission ist, zeigte sich am prominenten Platz in der Rede. So griff von der Leyen die Thematik direkt nach den Solidaritätsbekundungen mit der Ukraine auf. Die EU habe gut vorgelegt und die Vorgaben zur Füllung der Gasspeicher zwei Monate vor der rechtlichen Frist Ende Oktober bereits erfüllt. Um die ums Zehnfache gestiegenen Energiepreise schnell abzusenken, kündigte sie ein kurzfristiges Maßnahmenpaket an. Es hat drei Komponenten zur Dämpfung der Energiepreise: eine Solidaritätsabgabe für fossile Brennstoffhersteller, eine Erlösobergrenze für bestimmte Stromerzeuger sowie die Reduktion des Stromverbrauchs. Eine Übersicht finden Sie hier . Ob diese Maßnahmen helfen werden, sowohl Verbraucherinnen und Verbraucher als auch Unternehmen tatsächlich zu entlasten, bleibt jedoch für den VCI fraglich: So fehlen Maßnahmen, die das Stromangebot steigern würden. Dabei muss nun alles, was Energie liefern kann, ans Netz. Aus Sicht der chemisch-pharmazeutischen Industrie sind wirksame Instrumente notwendig, die das drastisch gestiegene Preisniveau für Strom und Gas so rasch wie möglich senken. Die Wettbewerbsfähigkeit vieler Unternehmen unserer Branche ist bereits jetzt massiv beeinträchtigt.

Zum Ausbau der Wasserstoff-Wirtschaft kündigte die Kommissionspräsidentin eine europäische Wasserstoffbank an, die mit drei Milliarden Euro aus dem Innovations-Fonds ausgestattet werden soll, um grünen Wasserstoff zu importieren. Der Legislativvorschlag soll Ende des Jahres vorgelegt werden und basiert im Wesentlichen auf den konkreten Vorschlägen, die die Kommission bereits im „RePowerEU“-Plan skizziert hatte.

Handel – Europa muss Zugang zu Seltenen Erden sichern

Der Bedarf an Seltenen Erden wird sich bis 2030 verfünffachen, so von der Leyen. Um hier ähnlich kritische Abhängigkeiten wie beim Gas zu vermeiden, verwies sie auf den bereits angekündigten „Raw Materials Act“, der feste Ziele für die Gewinnung und Rückgewinnung von Seltenen Erden vorsehen werde. (Lesen Sie einen LinkedIn Artikel des Industrie-Kommissars zu den Einzelheiten). Zudem soll es möglich sein, strategische Projekte entlang der gesamten Lieferkette festzulegen und diese als „europäisches Interesse“ einzustufen, um so im Bereich der Rohstoffverarbeitung die Abhängigkeit von China zu verringern und europäische Projekte zu beschleunigen. Der VCI begrüßt die Ankündigung, dass die Freihandelsabkommen mit Chile, Neuseeland und Mexiko noch in dieser Legislaturperiode, also bis Mitte 2024, abgeschlossen werden sollen. Von einer weiteren Diversifizierung der Handelspartner kann die EU und somit unsere Branche profitieren.

Wirtschaft – Entlastung für den Mittelstand

Neben dem Vorhaben, Ende Oktober 2022 Reformvorschläge für den Stabilitäts- und Wachstumspakt vorzulegen, betonte von der Leyen die große Bedeutung des Mittelstandes. Hier kündigte sie unter anderem eine stärkere Vereinheitlichung der Unternehmensbesteuerung im Binnenmarkt an. 2023 ruft sie zum „Europäischen Jahr der Aus- und Weiterbildung“ aus, um so dem zunehmenden Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Neben guten Initiativen wäre hier ein größerer Fokus auf eine unnötige Überbelastung der Wirtschaft, wie durch die Überarbeitung der Vorgaben zu den Industrieemissionen oder dem neuen Lieferkettengesetz, wünschenswert und durchaus hilfreicher gewesen.

Schließlich ging die Kommissionspräsidentin noch auf die Herausforderungen in der Digitalpolitik, im Bereich Rechtsstaatlichkeit und Außenpolitik ein. Eine Abschrift der Rede sowie eine Übersicht über alle angekündigten Vorhaben finden Sie hier .

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 Anna Lena Bergmann

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Anna Lena Bergmann

Energie- und Klimapolitik