REACH-Registrierungsdossiers

Pauschalkritik der Behörden ist unberechtigt

16. November 2018 | Bericht

In einem gemeinsamen Projekt im Auftrag des Bundesumweltministeriums haben das Umweltbundesamt (UBA) und das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) REACH-Registrierungsdossiers weitgehend formal überprüft und bewertet. Die Untersuchung hat eine öffentliche Diskussion über die Qualität der REACH-Dossiers ausgelöst. Der VCI weist die Kritik zurück.

In den vergangenen zehn Jahren waren allein in Deutschland einige Tausend Experten und Wissenschaftler an den Informationen zur Produktsicherheit in den REACH-Dossiers beteiligt. - Foto: © © Dan Race - Fotolia.com
In den vergangenen zehn Jahren waren allein in Deutschland einige Tausend Experten und Wissenschaftler an den Informationen zur Produktsicherheit in den REACH-Dossiers beteiligt. - Foto: © © Dan Race - Fotolia.com

Das Projekt von UBA und BfR läuft seit einigen Jahren und hatte schon 2015 zu öffentlichen Diskussionen geführt (siehe chemie report 10/2015). Seinerzeit wurden Dossiers aus der ersten REACH-Registrierungsphase (2008 bis 2010) geprüft. Die weitergeführte Untersuchung, die nicht dem Compliance-Check der zuständigen europäischen Chemikalienagentur ECHA entspricht, wurde in einem aufwendigen und kostspieligen Verfahren manuell durchgeführt. Jetzt geht es vor allem um 3.800 Dossiers für Stoffe, die mit mindestens 100 Tonnen pro Jahr in der EU produziert oder importiert werden und aus der zweiten REACH-Registrierungsphase (2010–2013) stammen. Dossiers aus der letzten Registrierungsfrist von 2013 bis 2018 wurden nicht untersucht.

UBA und BfR kamen anhand ihrer Kriterien zu dem Ergebnis, dass zahlreiche Dossiers nicht konform mit den REACH-Anforderungen seien. Die Dossiers aus der zweiten Phase schnitten dabei besser ab als Registrierungen aus der Anfangszeit von REACH. Die Untersuchung führte dennoch Ende Oktober zu einer Diskussion im Europäischen Parlament, in der einige Politiker der Chemie vorwarfen, die gesetzlichen Verpflichtungen nicht zu erfüllen. Dadurch wird die erfolgreiche Umsetzung der europäischen Chemikalienverordnung REACH in der Öffentlichkeit diskreditiert.

Dossierqualität hat hohe Priorität

Aus Sicht des VCI ist die Kritik an den Dossiers überzogen. VCI-Hauptgeschäftsführer Utz Tillmann sagte: „Allen Verantwortlichen in den Unternehmen war bewusst: Ohne Registrierung keine Vermarktung. Deshalb war von Anfang an hohe Sorgfalt für die Erstellung der Dossiers angesagt.“ Er verwies darauf, dass die Chemieunternehmen in ganz Europa seit 2008 über 90.000 Registrierungsdossiers für rund 22.000 Chemikalien bei der ECHA eingereicht haben, und ergänzte: „Rund 4 Milliarden Euro hat die Branche in der EU dafür investiert. Allein in Deutschland waren einige Tausend Experten und Wissenschaftler an den Informationen zur Produktsicherheit beteiligt.“ Berechtigte Kritik an Inhalt und Form der Dossiers nehme die Branche sehr ernst, so Tillmann. Die Unternehmen hätten seit Inkrafttreten von REACH eng mit der ECHA zusammengearbeitet, um die Umsetzung der Verordnung zu verbessern.

Branche sichert enge Kooperation zu

Diese Form der Kooperation kam bei der UBA-BfR-Studie nicht zustande. Der VCI hatte bei den beiden Behörden mehrfach eine Zusammenarbeit angeregt, um ein gemeinsames Verständnis für die Erstellung von Dossiers zu erzielen. Bei den Gesprächen wurde eine Diskussion der konkreten Kritikpunkte nicht ermöglicht. Tillmann: „Wir hoffen, dass es jetzt zu einem konstruktiven Austausch kommt, welche Daten für eine gute Qualität der Dossiers erforderlich sind.“ Wären die Unternehmen in das Evaluierungsprojekt einbezogen worden, hätten Missverständnisse zu den Vorwürfen aufgeklärt und eine objektivere Bewertung erzielt werden können.


INFO: Kontroverses Thema: Tierversuche

Die Kritik von UBA und BfR betrifft vor allem Informationen in den REACH-Dossiers, die aus Tierversuchen gewonnen werden. Laut REACH dürfen Tierversuche bei der Risikobewertung eines Stoffes nur durchgeführt werden, wenn alternative Test-Methoden keine ausreichenden Ergebnisse bringen. An diese Vorgabe haben sich die Chemieunternehmen gehalten. Bei dem Evaluierungsprojekt konnten Dossiers mit alternativen Informationen die Bewertung „konform“ oft nicht erhalten. Das verzerrt laut VCI das Gesamtbild der Evaluation.


Dieser Artikel ist im chemie report 11/2018 erschienen.

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