Nanospezifische Änderungen von REACH-Anhängen im EU-Amtsblatt veröffentlicht

EU-Kommission sorgt für mehr Rechtssicherheit

10. Dezember 2018 | Bericht

Mehr Rechtssicherheit für Unternehmen hat die EU-Kommission mit ihren nun veröffentlichten Präzisierungen zu Nanomaterialien in den Anhängen der europäischen Chemikalienverordnung REACH geschaffen. Der VCI ist im Großen und Ganzen mit den neuen Vorschriften zufrieden.

Die Präzisierungen in den REACH-Anhängen zu Nanomaterialien sind hilfreich für Unternehmen. - Foto: © Natalie Worapattrakul/Universität Kassel DV Nano
Die Präzisierungen in den REACH-Anhängen zu Nanomaterialien sind hilfreich für Unternehmen. - Foto: © Natalie Worapattrakul/Universität Kassel DV Nano

Die Europäische Kommission hat Anfang Dezember 2018 im EU-Amtsblatt spezifische Vorschriften für Nanomaterialien in neun Anhängen der REACH-Verordnung veröffentlicht. In die Anhänge I, III, VI, VII, VIII, IX, X, XI und XII der REACH-Verordnung wurde eine Reihe von Klarstellungen und Präzisierungen für Nanoformen von Stoffen eingefügt. Die Änderungen der REACH-Anhänge treten am 1. Januar 2020 in Kraft. Der VCI hält die Anpassungen für hilfreich, denn die Unternehmen erhalten so mehr Rechtsklarheit und Rechtssicherheit.

In Anhang VI der REACH-Verordnung hat die EU-Kommission eine rechtlich verbindliche Definition des Begriffs „Nanoform“ eingeführt. Eine Nanoform ist danach eine Form eines Stoffes, die unter die Definitionsempfehlung zu Nanomaterial der EU-Kommission von 2011 fällt. Hierzu muss eine Reihe von physikochemischen Parametern gemessen werden: anzahlbezogene Größenverteilung der Partikel, Morphologie, spezifische Oberfläche, Oberflächenbehandlung und -funktionalisierung. Mehrere Nanoformen können nach erfolgter Charakterisierung zu einem „Set“ von Nanoformen für die Sicherheitsbewertung zusammengefasst werden.

Die Nanomaterial-Definition in Anhang VI soll später durch eine neue Definition ersetzt werden, die dann auch die in den verschiedenen europäischen Regelwerken verwendeten Nanomaterial-Definitionen harmonisieren soll. Die Verabschiedung der neuen Definition kann sich allerdings bis zum Jahr 2020 hinziehen, sodass erst dann feststeht, welche Formen eines Stoffes langfristig als Nanoform anzusehen sind und welche nicht. Nicht zufriedenstellend geklärt ist bislang die Frage, mit welcher Messmethode rechtsverbindlich festgestellt kann, ob eine Form eines Stoffes eine Nanoform nach Anhang VI ist; denn alle Messverfahren sind mit großen Unsicherheiten behaftet.

Auch Testanforderungen angepasst

Die physikochemischen, toxikologischen und ökotoxikologischen Testanforderungen der Anhänge VII bis X der REACH-Verordnung hat die EU-Kommission ebenfalls an die Besonderheiten von Nanomaterialien angepasst. Hierzu gehören bei der Toxikologie das Staubungsverhalten, die Präferenz des inhalativen vor dem oralen Aufnahmeweg, eine Nachbeobachtung nach Inhalationsstudien, toxikokinetische Informationen und im Einzelfall die Untersuchung der indirekten Gentoxizität. Im Bereich der Ökotoxizität gelten Schwerlöslichkeit und eine Reihe anderer Parameter nicht mehr als Grund, auf Tests zu verzichten („Waiving"). Mit wissenschaftlicher Begründung sind „Read Across“ und „Grouping“ auch bei Nanoformen möglich.

Außerdem ist in den Anhängen festgelegt, wie die Transparenz zu den Eigenschaften von Nanomaterialien in den Registrierungsdossiers zu erhöhen ist. So müssen im Stoffsicherheitsbericht alle Nanoformen des Stoffes behandelt werden.

In Anhang II der REACH-Verordnung sollen in der ersten Jahreshälfte 2019 nanospezifische Vorgaben für das Sicherheitsdatenblatt aufgenommen werden. Dies wird in einem eigenständigen Regelungsverfahren erfolgen, da Anhang II ohnehin im Zusammenhang mit der weltweiten Harmonisierung und Kennzeichnung von gefährlichen Stoffen (UN-GHS) angepasst werden muss.

ECHA überarbeitet REACH-Leitfäden

Die Europäische Chemikalienagentur ECHA hat damit begonnen, den REACH-Leitfaden entsprechend den beschlossenen Änderungen der Anhänge der REACH-Verordnung zu überarbeiten – und zwar den Guidance on Registration, den Guidance on Substance Identification sowie den Guidance on Information Requirements and Chemical Safety Assessment. Die Überarbeitung des REACH-Leitfadens soll Mitte 2019 abgeschlossen sein. Aus Sicht des VCI ist es bei der Überarbeitung des Leitfadens wichtig, pragmatische Lösungen zu finden, wie die Registranden eine Nanoform und ein „Set“ von Nanoformen definieren können. Zudem müssen flexible Lösungen für „Read Across", „Grouping" und „Waiving" gefunden werden. Über den europäischen Chemieverband Cefic und andere europäische Verbände wurden Vertreter deutscher Chemieunternehmen in die von der ECHA eingesetzten Expertengremien zur Überarbeitung des Leitfadens entsandt.

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Dieser Artikel ist im chemie report 12/2018 erschienen.


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Dr. Angelika Hanschmidt

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Europäische Chemikalienpolitik, EU-Chemikalienstrategie, REACH