REACH und CLP: Aktuelle Herausforderungen

Der Marathon ist noch lange nicht beendet

19. Oktober 2016 | Bericht

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Die europäische Chemikalienverordnung REACH ist das komplexeste Gesetzeswerk in der EU. Auch die CLP-Verordnung wird kontinuierlich weiterentwickelt. Das ist ein Lernprozess für alle Beteiligten und bedeutet für Unternehmen, dass sie die Umsetzung der Verordnungen voll in ihre Arbeitsabläufe integrieren müssen, um ihren Zugang zum Markt zu sichern. Im Fokus dieses Beitrags stehen aktuelle Herausforderungen für Unternehmen bei der praktischen Umsetzung.

Mit der REACH-Verordnung wurde 2007 die europäische Chemikalienpolitik neu geordnet und harmonisiert. Die Abkürzung REACH steht für „Registration, Evaluation, Authorisation and Restriction of Chemicals“. - Foto: © VCI/Ritz
Mit der REACH-Verordnung wurde 2007 die europäische Chemikalienpolitik neu geordnet und harmonisiert. Die Abkürzung REACH steht für „Registration, Evaluation, Authorisation and Restriction of Chemicals“. - Foto: © VCI/Ritz

REACH muss bis 2020 schrittweise von Unternehmen und Behörden umgesetzt werden. Die Verantwortung für die sichere Verwendung von Chemikalien liegt dabei stärker als früher bei den Unternehmen. Außerdem erfordert REACH insgesamt deutlich mehr Abstimmung zwischen Herstellern und Stoffanwendern.

Die Chemikalienverordnung soll ein hohes Schutzniveau für die menschliche Gesundheit und für die Umwelt sicherstellen, den freien Verkehr von Stoffen als solchen, in Gemischen oder in Erzeugnissen gewährleisten und gleichzeitig Wettbewerbsfähigkeit und Innovation verbessern.

Die Umsetzung der REACH-Verordnung ist auch ein europäischer Beitrag zu dem international vereinbarten Ziel eines internationalen Chemikalienmanagements (SAICM) unter dem Dach der Vereinten Nationen bis zum Jahr 2020. Im Rahmen von SAICM sollen Chemikalien weltweit so hergestellt und eingesetzt werden, dass nachteilige Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und Umwelt so gering wie möglich gehalten werden.

Wenig Zeit für Registrierungen bis 2018

Die REACH-Registrierungen und die erforderliche Abstimmung mit anderen Registranten desselben Stoffs haben sich besonders in den Mengenbändern ab 10 Tonnen pro Jahr als sehr arbeitsaufwändig und fachlich anspruchsvoll herausgestellt. Betriebe müssen deshalb zügig an den Registrierungen der dritten Phase arbeiten und mit Ablauf der Übergangsfrist bis zum 31. Mai 2018 Spezialchemikalien und kostensensible Stoffe mit jährlichen Herstellungs- und Importmengen von 1 bis 100 Tonnen bei der ECHA registrieren. In dieser REACH-Phase ist der Chemie-Mittelstand besonders stark gefordert. Während bisher kein Gesamtüberblick über die in 2018 erwarteten Registrierungen vorliegt, bereitet sich die ECHA auf mehr Registrierungen als in den beiden vorangegangenen Phasen vor – in Summe auf 60.000 Dossiers für bis zu 25.000 Stoffe.

Die allgemeine Registrierungspflicht unter REACH gilt seit dem 01. Juni 2008 für alle Stoffe ab einer Herstellungs-/Importmenge von 1 Tonne pro Jahr. Diese sind bei der Europäischen Chemikalienagentur ECHA in Helsinki unter Nutzung der IUCLID-Pflichtsoftware und des REACH-IT-Systems der ECHA zu registrieren, sofern keine Ausnahmeregelungen in Anspruch genommen werden können. Von jedem betroffenen Unternehmen (von jeder Rechtsperson) sind für jeden Stoff, abhängig von dessen Menge und Gefährlichkeit, umfangreiche Registrierungsdossiers bei der ECHA einzureichen. Für Registrierungen ab 10 Tonnen pro Jahr Herstellungs-/Importmenge sind außerdem Stoffsicherheitsberichte Bestandteil der Registrierung. Für bestimmte Stoffe müssen Expositionsszenarien eingereicht werden. Zum Beispiel für Stoffe, die nach CLP-Verordnung als gefährlich eingestuft sind.

Gemeinsame Registrierungen nötig

Sofern Unternehmen denselben Stoff herstellen oder importieren, sind gemeinsame Registrierungen erforderlich. Dazu gehört die Einreichung der Stoffdaten durch einen federführenden Registranten. Darüber hinaus muss jedes beteiligte Unternehmen Angaben über sich und zum Stoffprofil sowie der Analytik machen. Informationen zur sicheren Verwendung oder ein Stoffsicherheitsbericht können gemeinsam oder getrennt eingereicht werden.

Soweit die Registranten desselben Stoffes oder die Teilnehmer eines Forums für den Austausch von Stoffinformationen (Substance Information Exchange Forum, SIEF) aufgrund der REACH-Verordnung zur gemeinsamen Nutzung von Daten verpflichtet sind (insbesondere bei Wirbeltierstudien), sind die entstandenen bzw. entstehenden Kosten zu teilen. Die im Januar 2016 erlassene Durchführungsverordnung der Europäischen Kommission zur Datenteilung macht unter anderem Vorgaben zu dem dabei anzuwendenden Kostenteilungsmodell und seinem Erstattungsmechanismus sowie zu jährlichen Kostenaufstellungen.

Zahlreiche Umsetzungshilfen sind inzwischen verfügbar. Der VCI macht für seine Mitglieder eigene spezifische Angebote. Hilfen und Tools von Behörden und Verbänden sind über die VCI-Service-Plattform „REACH und CLP“ verfügbar.

Bewertung von Dossiers und Stoffen

Die Bewertungen eingereichter Registrierungsdossiers durch die ECHA laufen seit 2011. Stoffbewertungen durch Behörden der Mitgliedsstaaten finden seit 2012 statt. Damit verbunden sind Aktualisierungen von Registrierungsdossiers, die die Unternehmen zusätzlich zur normalen Registrierungsarbeit bewerkstelligen müssen. Sie haben sich hierauf in ihrer Ressourcenplanung einzustellen und müssen unter Umständen innerhalb kurzer Fristen bestehende Mitwirkungs- oder Kommentierungsmöglichkeiten nutzen, bevor die Behörden endgültige Entscheidungen über zusätzliche erforderliche Studien und Dossieraktualisierungen treffen.

Zulassung hat unerwartete Folgen

Die Kandidatenliste für das Zulassungsverfahren unter REACH ist inzwischen auf 169 Stoffe angewachsen. Sie betrifft die gesamte Industrie und enthält einige für die Chemie wichtige Stoffe wie Lösungsmittel und Katalysatoren. Das Verzeichnis der zulassungspflichtigen Stoffe umfasst 31 Stoffe. Ihre Verwendung ist abgesehen von Ausnahmen nach einer Übergangszeit nur noch dann erlaubt, wenn Hersteller, Importeure oder Anwender eine entsprechende Zulassung erhalten oder sie rechtzeitig einen Zulassungsantrag für die betreffende Verwendung gestellt haben. Erste Zulassungsanträge gehen seit August 2013 bei der ECHA ein, zum Beispiel für Spezialanwendungen von Phthalaten und den Einsatz von Chromtrioxid in der Galvanik.

Bis Oktober 2016 hatten 170 Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen rund 90 Zulassungsanträge für 150 Verwendungen eingereicht. Die EU-Kommission hat bisher rund 60 Entscheidungen getroffen. Für rund 30 Prozent der zulassungspflichtigen Stoffe gingen keine Anträge ein. Einzelne Zulassungen wurden nur für eine Übergangszeit beantragt.

Inzwischen führt die ECHA regelmäßig IT-unterstützte Screenings durch, um die Relevanz eines Stoffes für das Zulassungsverfahren abzuschätzen. Für ausgewählte Stoffe folgen dann Analysen, um die am besten geeigneten Risikomanagementoptionen zu ermitteln, bevor unter Umständen ein Dossier zur Identifizierung eines Kandidatenstoffes für das Zulassungsverfahren erstellt wird.

Auf eigene Stoffe achten

Für Unternehmen ist es wichtig zu beobachten, ob ihre Stoffe von Screenings betroffen sind oder als Kandidatenstoffe für das Zulassungsverfahren vorgeschlagen werden. Sie sollten ihre Kommentare rechtzeitig ins Verfahren einbringen und Handlungsoptionen wie den Einsatz alternativer Stoffe und Verfahren frühzeitig prüfen. Wenn ein Zulassungsantrag erforderlich wird, kann dies mit erheblichen finanziellen und zeitlichen Aufwänden verbunden sein.

Beschränkung im Blick behalten

REACH hat bereits bestehende Herstellungs- oder Verwendungsbeschränkungen für bestimmte Stoffe übernommen. Neue Beschränkungen und Änderungen bestehender Einträge erfolgen nach dem in der REACH-Verordnung festgelegten Verfahren. Der Anhang XVII der Verordnung ist auf 65 Einträge angewachsen. Unternehmen sollten beobachten, ob die Behörden zu einem ihrer Stoffe ein Beschränkungsverfahren initiieren und ihre Kommentare rechtzeitig ins Verfahren einbringen.

Sicherheitsdatenblatt bleibt wichtig

Das Sicherheitsdatenblatt (SDB) ist unter REACH weiter das zentrale Instrument, um die sicheren Verwendungen eines Stoffes in den Lieferketten zu kommunizieren. Die Vorgaben für SDB wurden Mitte 2010 und nochmals Ende Mai 2015 geändert. Seit Juni 2015 müssen alle Stoffe und Gemische nach der CLP-Verordnung eingestuft werden. Die SDB müssen entsprechend angepasst werden.

Behörden und Industrie haben gemeinsam Umsetzungshilfen für erforderliche Expositionsszenarien für Stoffe und ihre Berücksichtigung in Sicherheitsdatenblättern von Stoffen und Gemische erarbeitet. Unternehmen sollten diese jetzt nutzen, um die Lieferkettenkommunikation zu erleichtern und verbessern.


Dieser Artikel ist Bestandteil eines Sonderteils zu REACH und CLP aus dem chemie report 10/2016. Den gesamten Sonderteil finden Sie im Original-Layout im Download-Bereich im Kopf dieser Seite als sogenannten „Ergänzenden Download". Hier geht es zu den weiteren Artikeln im html-Format:

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