Über die Konservierung chemischer Produkte

Lösemittelfrei, aber leicht verderblich

13. Juli 2018 | Bericht

In den vergangenen Jahrzehnten konnte die Industrie den Einsatz von Lösungsmitteln drastisch reduzieren, indem viele Produkte für Weiterverarbeitung oder Verbraucher auf wasserbasierte Systeme umgestellt wurden. Wasserbasierte Produkte sind aber anfällig gegenüber Bakterien und Schimmelpilzen. Mittel zur Topfkonservierung verhindern ihr Verderben. Sind sie künftig weiter verfügbar?

Durch Hände gelangen Keime in die Fingerfarbe. Die Konservierung wirkt der Verkeimung entgegen und trägt so zum Gesundheitsschutz bei. - Foto: © panitan/stock.adobe.com
Durch Hände gelangen Keime in die Fingerfarbe. Die Konservierung wirkt der Verkeimung entgegen und trägt so zum Gesundheitsschutz bei. - Foto: © panitan/stock.adobe.com

Mit der Verwendung von sogenannten Topfkonservierern hat die Industrie erreicht, dass die meisten Produkte für private Endverbraucher, wie Farben, Lacke und Klebstoffe, inzwischen „lösungsmittelfrei“, also wasserbasiert sind. Die Konservierung sorgt dafür, dass die Produkte über die gesamte Lieferkette unverdorben an den Kunden geliefert werden können. Ohne den Zusatz von Konservierern wäre das in vielen Fällen gar nicht erst möglich.

Viele Gemische müssen auch nach Anbruch des Gebindes über eine geraume Zeit haltbar sein. Beispiele hierfür sind Wandfarben oder Flüssigwaschmittel, bei denen in der Regel nicht sofort die gesamte Menge verbraucht wird. Ein frühzeitiger Verderb hätte nicht nur ein großes Abfallaufkommen zur Folge, sondern möglicherweise auch gesundheitsschädliche Auswirkungen auf Verbraucher.

Auch für viele Produkte, die bei industriellen Anwendungen zum Einsatz kommen, ist eine Konservierung sehr wichtig. Hier gibt es unterschiedlichste Herstellungsverfahren, die jeweils sehr spezifische Anforderungen an die Eigenschaften der Konservierer stellen.

Viele Stoffe fallen weg

Topfkonservierer werden von der Biozidprodukte-Verordnung (BPR) erfasst und unterliegen dem dort beschriebenen zweistufigen Zulassungsverfahren. Mit der fortschreitenden Umsetzung der BPR und des Prüfprogramms für alte Wirkstoffe ist die Zahl verfügbarer Biozidwirkstoffe in den vergangenen Jahren stark zurückgegangen. Seit 2003 hat sich ihre Anzahl von ursprünglich mehr als 140 auf heute 50 deutlich reduziert. Während viele alte Wirkstoffe wegfallen, werden kaum neue auf dem Markt bereitgestellt.

Grund für diese Entwicklung ist starker regulativer Druck. Kritische Einstufungen führen vielfach zu Einschränkungen in der Verwendung. Außerdem sind Kosten und Aufwand für eine Biozidzulassung hoch, sodass häufig auch wirtschaftliche Abwägungen dazu führen, dass ein Wirkstoff nicht erst ins Zulassungsverfahren gebracht wird.

Für die Nutzung von Topfkonservierern hat diese Entwicklung inzwischen bedrohliche Ausmaße angenommen. Denn um auch künftig die sehr unterschiedlichen wasserbasierten Produkte bereitstellen zu können, werden die jeweils erforderlichen Wirkstoffe dringend benötigt. Aus diesem Grund hat der VCI die neue Projektgruppe „Topfkonservierung“ ins Leben gerufen. Hier sollen Wirkstoff- und Biozidprodukthersteller gemeinsam mit Anwendern eine Strategie entwickeln, wie die Industrie dem Wirkstoffschwund entgegenwirken kann.


INFO

Unterschiedlichste wässrige Produkte benötigen Topfkonservierer. Hier einige Beispiele:

  • Farben (auch Fingerfarbe)
  • Flüssigabdichtungen und Grundierungen
  • flüssige Wasch- und Spülmittel
  • Klebstoffe
  • Laborreagenzien / Enzymlösungen
  • Lösungen bei der Papierherstellung
  • Prozesschemikalien für die Herstellung von Textilien und Leder


Dieser Artikel ist im chemie report 07+08/2018 erschienen.

Kontakt

Für Fragen und Anregungen nehmen Sie gerne Kontakt mit uns auf.

Dr. Evelyn Roßkamp

Kontaktperson

Dr. Evelyn Roßkamp

Biozide, Human-Biomonitoring, Innenraumluft, VCI-Serviceplattform "REACH, CLP und Biozide"