10. Januar 2022 | Position
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VCI-Position kompakt - Unternehmensanktionsrecht
PDF | 116 kB | Stand: 10. Januar 2022
Trotz zahlreicher grundlegender Bedenken aus Wirtschaft, Wissenschaft, Beratung und Richterschaft hatte die damalige Bundesregierung im Juni 2020 den „Gesetzentwurf zur Stärkung der Integrität in der Wirtschaft” beschlossen. Hintergrund war, dass sich die Fraktionen von CDU/CSU und SPD auf die Einführung eines neuen Unternehmenssanktionsrechts verständigt hatten.
Im weiteren Verfahren kritisierte auch der Bundesrat den Entwurf deutlich. Letztendlich konnten sich die damaligen Regierungsfraktionen nicht auf eine finale Fassung des Gesetzes einigen, sodass dieses der Diskontinuität unterfiel. Die chemisch-pharmazeutische Industrie hat die Diskussion stets kritisch und konstruktiv begleitet. Der aktuelle Koalitionsvertrag der „Ampelkoalition“ stellt nunmehr in Aussicht, ehrliche Unternehmen vor rechtsuntreuen Mitbewerbern zu schützen. Die Vorschriften der Unternehmenssanktionen einschließlich der Sanktionshöhe sollen demnach im bestehenden Regelungsrahmen überarbeitet werden, um die Rechtssicherheit von Unternehmen im Hinblick auf Compliance-Pflichten zu verbessern und für interne Untersuchungen einen präzisen Rechtsrahmen zu schaffen.
Reformbedarf für mehr Compliance nutzen
Der VCI sieht grundsätzlich Bedarf für eine Modernisierung einzelner Aspekte des Unternehmenssanktionsrechts: Gesetzliche Maßnahmen sollten der Förderung einer besseren Unternehmenskultur dienen und für eine Stärkung der Compliance in den Unternehmen sorgen. Gleichzeitig sollte die Chance genutzt werden, das Sanktionsverfahren und die Rechte der Betroffenen klar und ausgewogen zu regeln. Rechtsunsicherheit und Belastungen für rechtstreue Unternehmen, insbesondere den Mittelstand, müssen vermieden werden. Das Fehlverhalten von Leitungspersonen sollte nur dann zu zusätzlichen Sanktionen gegen das Unternehmen führen, wenn das Unternehmen ein Organisationsverschulden trifft. Der VCI wird seine Expertise in einem möglichen Gesetzgebungsverfahren der „Ampelkoalition“ intensiv und konstruktiv einbringen.
DAFÜR SETZT SICH DER VCI EIN
- Compliance-Systeme fördern
Ein Unternehmenssanktionsrecht sollte vor allem Anreize zur Stärkung der Compliance-Systeme in den Unternehmen setzen. Deshalb sollten keine Sanktionen verhängt werden, wenn ein Unternehmen über ein grundsätzlich funktionierendes Compliance-System verfügt. Vielmehr darf nur im Falle eines nachweisbaren Mangels in der Organisation sanktioniert werden. Ferner sollten Mindestanforderungen an Compliance-Systeme im Gesetz festgeschrieben werden, damit voraussehbar ist, was von den Unternehmen erwartet wird. Zudem muss der Kreis der Leitungspersonen, deren Fehlverhalten sich das Unternehmen zurechnen lassen muss, begrenzt sein. - Verteidigungsrechte des Unternehmens erhalten und interne Untersuchungen fair regeln
Die Verfahrens- und Verteidigungsrechte des Unternehmens müssen gewahrt bleiben. Hierzu bedarf es eines effektiven Vertraulichkeitsschutzes der Leitungspersonen und der Syndikusrechtsanwälte durch entsprechende Rechte zur Auskunfts-, Zeugnis- und Mitwirkungsverweigerung. Ferner muss ein Schutz vor Beschlagnahme von Dokumenten aus internen Untersuchungen eingeführt werden. Zudem sind ausgewogene Regelungen zu treffen, wie der Interessensausgleich von Beschäftigten und Arbeitgebern bei internen Untersuchungen gelingen kann, insbesondere hinsichtlich der Mitwirkungspflichten der Beschäftigten. - Angemessene Sanktionshöhe
Eine eventuelle Erhöhung des Sanktionsrahmens sollte verhältnismäßig ausgestaltet werden. Sanktionen sollten präventiven Charakter haben und Compliance-Maßnahmen honorieren. Überzogene Bußgelder und Sanktionen, die nur zu einer Unternehmensschädigung führen, sind nicht zielführend. - Fortentwicklung des Ordnungswidrigkeitenrechts
Die Überarbeitung der Vorschriften des Unternehmenssanktionsrechts sollte durch eine Fortentwicklung des Ordnungswidrigkeitenrechts erfolgen. Die Einführung einer Kriminalstrafbarkeit von Unternehmen empfiehlt sich hingegen nicht, denn Unternehmen können nicht Adressaten eines Schuldvorwurfs sein.
Kontakt
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Kontaktperson
Dominik Jaensch
Rechtsfragen REACH, Strafrecht, Versicherungsfragen, Verwaltungs-/Umwelthaftungsrecht
- E-Mail: jaensch@vci.de