Neue VCI-Studie analysiert Potenzial und Voraussetzungen für starke CO2-Minderung der Branche
Eine treibhausgasneutrale Chemie ist technologisch möglich
Die deutsche chemische Industrie kann ihren Treibhausgasausstoß mithilfe neuer Produktionstechnologien bis 2050 fast vollständig reduzieren. Nötig sind dafür günstige Rahmenbedingungen, insbesondere große Mengen emissionsfreien Stroms aus erneuerbaren Quellen zu niedrigen Preisen.

Die deutsche chemische Industrie kann ihren Ausstoß von Treibhausgasen mithilfe neuer Produktionstechnologien bis zur Mitte des Jahrhunderts fast vollständig reduzieren. Dies ist das Ergebnis einer Studie des Verbandes der Chemischen Industrie (VCI), erstellt durch die Gesellschaft für Chemische Technik und Biotechnologie (DECHEMA) und das Beratungsunternehmen FutureCamp. Die Analyse untersuchte auch die Voraussetzungen, damit die Branche bis 2050 treibhausgasneutral werden kann: Neben der Entwicklung neuer Verfahren vor allem in der Basischemie sind dazu ein dauerhaft niedriger Industriestrompreis sowie erhebliche Mengen emissionsfreien Stroms aus erneuerbaren Quellen notwendig.
Drei Entwicklungspfade analysiert
Die Studie mit dem Titel „Auf dem Weg zu einer treibhausgasneutralen chemischen Industrie in Deutschland“ beschreibt die Entwicklung der nächsten Jahrzehnte anhand dreier unterschiedlicher Ambitionsniveaus:
In einem Referenzpfad würde die deutsche Chemie weiterhin mit den heutigen Technologien produzieren, ihre Effizienz durch kontinuierliche Investitionen aber weiter erhöhen. Damit kann sie bis 2050 eine Treibhausgasminderung von 27 Prozent bezogen auf das Niveau von 2020 erreichen.
Sogar 61 Prozent Minderung sind möglich, wenn die Unternehmen im zweiten Technologiepfad zusätzlich stark in neue Prozesstechnologien der Basischemie investieren. Allerdings geht mit diesem Ambitionsniveau bereits ein sehr hoher Bedarf an erneuerbarem Strom von 224 Terawattstunden pro Jahr einher, was der Gesamtstrommenge Deutschlands aus erneuerbaren Energien 2018 entspricht. Das zusätzliche Investitionsvolumen in neue Anlagen liegt bei rund 15 Mrd. Euro.
Noch weitergehende Maßnahmen beschreibt der dritte Pfad Treibhausgasneutralität, der die Lücke zur vollständigen CO2-Minderung schließt: Danach würden neue Prozesstechnologien von den Unternehmen schon dann eingeführt, wenn sie eine CO2-Ersparnis erbringen, selbst wenn sie noch nicht wirtschaftlich sind. Alleine für die Herstellung der sechs in der Studie untersuchten Grundchemikalien müssten die Unternehmen von 2020 bis 2050 rund 45 Mrd. Euro zusätzlich investieren. Der Strombedarf würde ab Mitte der 2030er Jahre zudem noch einmal rasant ansteigen und mit 628 Terawattstunden etwa das Niveau der gesamten heutigen Stromproduktion in Deutschland erreichen.
Notwendige Rahmenbedingungen
Für Klaus Schäfer zeigen die Ergebnisse der Studie, dass eine treibhausgasneutrale Chemie ohne günstige Rahmenbedingungen schwierig umzusetzen ist. Er sagte: „Je ambitionierter die deutsche Chemie das Ziel Treibhausgasneutralität verfolgt, umso stärker steigen die damit verbundenen Kosten und der Strombedarf. Die Politik steht vor der Aufgabe, neue Technologien in allen Phasen von der Entwicklung bis zur Markteinführung zu begleiten. Sie muss zudem die chemische Industrie am Standort Deutschland international wettbewerbsfähig erhalten.“ Dies kann laut Schäfer entweder über ein globales Klimaschutzabkommen oder durch staatliche Unterstützung geschehen.
Vor allem niedrige Strompreise seien für die Branche auf dem Weg zur Treibhausgasneutralität unabdingbar, sagte Schäfer: „Die neuen Verfahren sind in Deutschland vor 2050 nur bei Stromkosten von 4 Cent pro Kilowattstunde wirtschaftlich. Davon sind wir heute weit entfernt. Die Politik wird daher über die heutigen Entlastungs- und Carbon-Leakage-Regeln hinaus weitere Maßnahmen treffen müssen, um die Stromkosten für die Industrie zu dämpfen.“ Bereits 50 Prozent höhere Stromkosten – also 6 Cent je Kilowattstunde – würden bei den meisten Verfahren die Wirtschaftlichkeit in einen Zeitraum deutlich nach 2050 verschieben, erklärte Schäfer.
Hinweis
Folgende Materialien zur Pressekonferenz finden Sie im Download-Bereich im Kopf dieser Seite:
- Lang- und Kurzfassung der Studie
- Reden von VCI-Hauptgeschäftsführer Wolfgang Große Entrup, von Klaus Schäfer, Chief Technology Officer der Covestro AG und Vorsitzender des VCI-Ausschusses Energie, Klimaschutz und Rohstoffe und von DECHEMA-Geschäftsführer Kurt Wagemann
- Charts der Präsentation zur Pressekonferenz
- Grafik "Die Studienergebnisse in Kurzform"
- Hier gelangen Sie zu Lang- und Kurzfassung der Studie "Auf dem Weg zu einer treibhausgasneutralen chemischen Industrie in Deutschland" .
Kontakt: VCI-Pressestelle, Telefon: 069 2556-1496, E-Mail:
presse@vci.de
Der VCI vertritt die wirtschaftspolitischen Interessen von über 1.700 deutschen Chemie- und Pharmaunternehmen sowie deutschen Tochterunternehmen ausländischer Konzerne gegenüber Politik, Behörden, anderen Bereichen der Wirtschaft, der Wissenschaft und den Medien. 2020 setzte die Branche über 186 Milliarden Euro um und beschäftigte rund 464.000 Mitarbeiter.
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