Regierungsentwurf zur virtuellen Hauptversammlung

Rückschritt in die analoge Welt

27. April 2022 | Pressemitteilung

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Der Regierungsentwurf zu virtuellen Hauptversammlungen droht zum Rückschritt zu werden.

Der Kabinettsbeschluss zur Einführung virtueller Hauptversammlungen verzichtet auf viele positive Ansätze, die für eine moderne und praktikable Durchführung virtueller Hauptversammlungen erforderlich sind. © nenetus/stock.adobe.com
Der Kabinettsbeschluss zur Einführung virtueller Hauptversammlungen verzichtet auf viele positive Ansätze, die für eine moderne und praktikable Durchführung virtueller Hauptversammlungen erforderlich sind. © nenetus/stock.adobe.com

Der im Bundeskabinett beschlossene Regierungsentwurf zur Einführung virtueller Hauptversammlungen von Aktiengesellschaften droht zum Rückschritt in die analoge Versammlungswelt von vorgestern zu werden, kritisiert der Verband der Chemischen Industrie (VCI). Im Gegensatz zum Referentenentwurf, der aus Sicht des VCI ein ausgewogenes Konzept für ein zukunftsorientiertes virtuelles Versammlungsformat enthalten hat, verzichte der Kabinettsbeschluss nunmehr auf fast alle positiven Ansätze, die für eine moderne und praktikable Durchführung virtueller Hauptversammlungen erforderlich seien.

„Der Regierungsentwurf überträgt Aktionärsrechte aus der Welt der physischen Präsenzversammlung undifferenziert in die Welt der Online-Versammlung. Er stellt damit vor allem börsennotierte Unternehmen mit typischerweise zahlreichen Aktionären vor zu große technische und rechtliche Herausforderungen“, betont Berthold Welling, Geschäftsführer Recht, Steuern und Nachhaltigkeit im VCI. Der aktuelle Entwurf sehe keinen ausreichenden Schutz mehr vor, via Fragebots, Algorithmen oder Hilfspersonen eine Hauptversammlung mit Fragen zu überfluten. Welling: „Damit erweist der Regierungsentwurf sowohl den Gesellschaften als auch den Aktionären einen Bärendienst.“

Sollte es bei dem vorliegenden Entwurf bleiben, so der Chemieverband, drohe die Situation, dass die neu geschaffene Option in der Praxis kaum oder gar nicht genutzt werde. Gleiches gelte für die Möglichkeit zur Verlagerung wesentlicher Entscheidungsprozesse ins Vorfeld der Versammlung. Sie bleibe ungenutzt, wenn sich inhaltliche und zeitliche Effizienzgewinne mangels Gestaltungsmöglichkeiten in der virtuellen Versammlung nicht mehr realisieren ließen. „Der Regierungsentwurf verpasst damit zugleich die Chance, deutsche Hauptversammlungen international anschlussfähiger zu machen. Das wäre nicht nur für die Gewinnung von ausländischen Investoren, sondern auch von Aufsichtsrats- und Vorstandsmitgliedern mit internationalem Profil ein großer Vorteil gewesen“, sagt der VCI-Geschäftsführer.

Bleibe es beim Verzicht auf geeignete Filterfunktionen zur angemessenen Kanalisierung von Fragen und Reden in der virtuellen Hauptversammlung, sei es im Gegenzug erforderlich, das scharfe Beschlussmängelrecht zu korrigieren. Dazu gehöre es insbesondere, Anfechtungsklagen wegen behaupteter Verletzungen der Auskunftspflicht auszuschließen oder zumindest sinnvoll einzugrenzen. Vorschläge dazu liegen seitens des VCI und der Wissenschaft vor.

Der VCI und seine Fachverbände vertreten die Interessen von rund 1.900 Unternehmen aus der chemisch-pharmazeutischen Industrie und chemienaher Wirtschaftszweige gegenüber Politik, Behörden, anderen Bereichen der Wirtschaft, der Wissenschaft und den Medien. 2022 setzten die Mitgliedsunternehmen des VCI rund 260 Milliarden Euro um und beschäftigten knapp 550.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Kontakt: VCI-Pressestelle, Telefon: 069 2556-1496, E-Mail: presse@vci.de
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